Träume ständig vom Elternhaus

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Moderator: Mirakulix

Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon Milkyway » 09.07.2016, 23:57

Lieber plush,

entschuldige bitte, dass ich Dir jetzt erst antworte. Ich war einige Tage unterwegs. Ich bin beruflich viel auf Tour.


Nun, meinem Eindruck nach stehe ich mit Betrachtungen dieser Art dicht davor, in eine viel zu allgemeine Gesellschaftskritik abzugleiten; darum möchte ich mich ab jetzt direkt mit Deinem Traum, bzw. Deiner darin abgebildeten inneren Situation befassen:

Dafür gehe ich von der Annahme aus, dass der Vorgarten ein Symbol Deines mit Inhalten der instinktfeindlichen Regularien erzogenen "Über-Ichs" darstellt (auch "Gewissen" genannt), insofern Du - als das "Ich-Bewusstsein" des Gesamtorganismus - den Dir aus solchen Prägungen einsuggerierten Impuls verspürst, die Disteln auszureissen, mit dem Argument, sie seien Un-kraut, das wegen seines somit negierten Dranges zum Wildwuchs im sog. kultivierten Gartenbereich (erzogenes Über-Ich/ Gewissen) nichts zu suchen habe.

In der Symbolik des Dein 'vorbewusstes' Über-Ich von Unter- oder Außerhalb her zu überwuchern 'drohenden' Wildwuchses vermute ich dann eine Meldung Deines 'unbewussten' "Es", und zwar verbunden mit den an sein Ich addressierten Forderungen, sich bewusst für das wehrhaft machende Souveränitätsbedürfnis (Dornen) und die darauf gegründete, ebenso instinktgeleitete Weiblichkeit (Blüten) einsetzen zu sollen, so würde die Gewächse auszureissen bedeuten, sowohl die im Es verankerte Bestimmung Deines Daseins als Frau, als auch die Freiheit gewaltsam ins Unbewusste wieder zu verdrängen. Auf diese vorbewusst destruktive Weise agieren alle Kinder, sobald die Inhalte der ihnen von ihren Eltern "gut gemeint", nichts destotrotz jedoch offen oder subtil gewaltsam implantierten, gottes- und staatskonform züchtenden Erziehungsregularien begannen, sich mittels des Phänomens der neuronal-synaptischen "Prägung" ins Über-Ich einzunisten.



Verstehe ich Dich richtig? Du meinst, das Unkraut in "meinem Vorgarten" bedeutet die wilde weibliche Seite meines Unterbewussten?
Wie siehst Du die Tatsache, dass ich das Unkraut im Traum nur nicht entfernt habe, weil mir die Zeit gefehlt hat? War ich zu "gemütlich" mich diesen Strukturen komplett anzupassen oder wie ist das Symbol der "fehlenden Zeit" zu deuten?
Mit dem Symbol der Weiblichkeit tu' ich mir etwas schwer. Insgesamt fühle ich mich nicht besonders weiblich, das war aber schon immer so und wurde mir nicht aberzogen. Im Gegenteil: Meine burschikose Art hat eher auf erzieherischen Widerstand gestoßen.


Solch Verhalten ist immer "auto-destruktiv" zugleich: feindselig ebenso gegen das eigene, wie auch das Es der unterlegenen Kinder, sonstigen wehrloseren Haustiere, Untertanen, Bürger... Die Psychoanalyse bezeichnet diesen Vorgang als Beginn der "Rollenumkehrt": der Wechsel vom Erziehungsopfer hin zum Erziehungstäter...



Natürlich: Die Gesellschaft lebt davon, dass "Anpassung" von einer Generation an die Nächste abgegeben wird. Nur dann kann man von einem erfolgreichen Erziehungs- und Sozialistionsprozess sprechen. Jegliche Devianz wird hart bestraft. Um seinen Nachwuchs vor dieser Bestrafung zu beschützen ist es gar verständlich die selben Mechanismen des "Brechens" einzusetzen.


7 Jahre, als das Kind schon nicht mehr ganz klein ist, das Ende der um das 5. L.j. beginnenden Genital- bzw. den Anfang der Latenz- oder Dornröschens-Schlafphase kennzeichnend, stellt das Alter dar, ab dem diese Prägungen sich irreveribel verfestigen. Jüngere Kinder hätten es entsprechend wesentlich leichter, von den zuvor oktroyierten Erziehungsschäden zu genesen, d.h. sofern sie hierfür Gelegenheit geboten bekämen. Das ist in unserer patriarchatischen Gesellschaft nirgendswo der Fall, im Gegenteil...


Gut, das kann ich verstehen und nachvollziehen. Die Traumsymbolik hat also nicht zufällig dieses Alter gewählt.

Soweit mein Versuch, mit einer Interpreration Deines Traumes konkret zu beginnen. Überlege bitte, ob und bis wo Du dem Versuch folgen kannst oder nicht, und welche möglichen Fragen, andere Anregungen zur Korrektur oder sonst Vertiefung sich Dir aus meiner Deutungshypothese ergeben.
Mit dem abschließenden Teil des Traumes, auch der Frage, in welcher Beziehung Dein Freier Einfall bezüglich des Kategorischen Imperativs mit dem Inneren des symbolischen Elternhauses stehen könnte, werde ich mich befassen, sobald ich das Gefühl habe, wir seien über den Anfang ungefähr einig geworden.


Meine Fragen beziehen sich - wie oben schon geschrieben - auf das Symbol der fehlenden Zeit und der Blüte als Symbolik der Weiblichkeit. Ansonsten habe ich ein "gutes Gefühl" bei deiner Deutung - nichts was mir entgegen strebt.


der Verstand ist der einzige Weg, Lücken zu finden, die einem etwas Freiheit ermöglichen.
Du wirst sehen, sie ist nur ganz oder gar nicht machbar. Freiheit duldet keine Kompromisse.
Ich freue mich nun sehr auf Deine kritische Stellungnahme!

Mit einem herzlichen Gruß,
Dein Plus


Wahre Freiheit wird man in der Zivilisation nicht finden. Der Geist und die Gedanken können frei sein - die anderen Fesseln wird man nicht ablegen können. Danke Dir nochmal für die bisherige Analyse.

Grüße
Milky
Milkyway
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Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon Dichterseele » 10.07.2016, 01:04

Liebe Dichterseele,

mit der Distanz zwischen Ideal und Anspruch hast Du sicherlich Recht. Ich habe einen Hang zum Idealismus und Perfektionismus. Ich strebe in meinem Leben nach dem Ideal - oftmals auch verbunden mit Tagträumereien, wo ich mir das alles ausmale. Aber dann kommt es natürlich nicht so, wie man sich das erträumt. Mit Sicherheit wünschte ich mir auch eine idealere Kindheit - vielleicht eine Familie, die mein Wissen und Talent fördert und mich nicht deswegen ausschließt.
Diesen Anspruch muss ich runter schrauben.

Viele Grüße
Milky



Liebe Milkyway,
den Anspruch runterschauben solltest Du nicht, der Wunsch nach einem guten Elternhaus ist absolut gerechtfertigt.
Nur bringt es halt nichts, dem ewig hinterher zu trauern, wenn es anders war...
Mit so einer Enttäuschung bist Du nicht allein, das geht vielen so.
Du kannst nur versuchen, die Defizite auszugleichen, indem Du andre Wege suchst, die zum Ziel führen.
Verzettele Dich nicht in nutzlose Versuche, mit unausgegorenen Eltern zu streiten.
Mach Dir lieber klar, dass Du was Besseres verdienst und sieh zu, wo Du das herbekommst.
Ich weiß, es ist hart, sich vom Elternhaus distanzieren zu müssen.
Tust Du es nicht, zieht Dich das immer wieder runter.
Also nimm Dein Leben selbst in die Hand, von dem Ausgangspunkt, den Du nun eben hast.
'Jetzt erst recht' ist die bessere Devise!
Viel Glück dabei.
Dichterseele
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Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon plush » 10.07.2016, 14:32

Liebe Milky.
Verstehe ich Dich richtig? Du meinst, das Unkraut in "meinem Vorgarten" bedeutet die wilde weibliche Seite meines Unterbewussten?
Wie siehst Du die Tatsache, dass ich das Unkraut im Traum nur nicht entfernt habe, weil mir die Zeit gefehlt hat? War ich zu "gemütlich" mich diesen Strukturen komplett anzupassen oder wie ist das Symbol der "fehlenden Zeit" zu deuten?

Wovon ich im Moment jedenfalls ausgehe, ist die Annahme, dass dem Symbol der Wilddisteln und dem der Bezeichnung Un-Kraut zwei einander gegenseitig (feindselig) ausschließende Systeme mit entsprechenden Forderungen und Glücksvorstellungen (Werten) zugrunde lägen:

>> Die Wildpflanzen gehören dem System der auf unseren Planten seit 4 Milliarden Jahren selbstorganisatorisch "wild" evolutionierenden Natur an und fordern von Deinem Ich-Bewusstsein, Deine im Genom latent vorliegende, "artspezifische" Daseinsbestimmung verwirklichen zu sollen, (Dornen und Blüten deuten hierbei auf 2 eigene Instinkt- oder Bedürfnisbereiche hin)

>> und der Begriff Unkraut dem System unserer vom menschlichen Intellekt vor ca. 6000 Jahren in Mesopotamien gut gemeint ersonnenen Gesellschaftsform mit ihren auf den Verhaltensforschriften der totemischen Moral (Mosis Dekalog) verankerten Forderungen, den Selbstverwirklichungsdrang der primatischen Instinkte des Homo Sapiens ideologisch zu dämonisieren (entwerten), konkret zu bekämpfen (methodische Traumatisierung/ Verdrängung ins Unbewusste) und die verbliebenen Restfunktionen der Organismen (Endokrinik, Reproduktion, Muskelaktivität, 'Geist') im Sinne der Erhaltung und Verbesserung dieses Systems zu benutzen. Dafür, dass dies 'gelingt', ist die Erziehung (pädagogische Domestizierung) zuständig: die "Anpassung" der jeweils nachfolgenden Generation durch die vorherige an immer das selbe, hierbei freilich einem gewissen Wandel seiner Moden, Technologien, Sitten und Gebräuche unterliegende System...

Das mitten drin aufgetauchte Symbol "mir fehlte Zeit" (der 'Verlust der Langsamkeit') würde ich versuchsweise zu interpretieren versuchen wie folgt: Den im 'vorbewussten' Über-Ich-Vorgarten 'illegal' wild wuchernden Disteln ist die ihnen aus dem 'unbewussten' Es (Genom) eingegebene Forderung immanent, Dich in der hierfür erforderlichen Ruhe mit der Bedeutung jedes einzelnen Symbols (u.a. Wehrhaftigkeit gegen Unrecht, Freiheit) befassen zu sollen, um Einblicke in Deine Innere Situation ('Clash of two Systems') gewinnen und daraus die Konsequenzen ziehen zu können. Das "ES" oder genauer: die Libdio fordert von Deinem Ich Einsatz für ihre naturgesetzlichen Belange (insgesamt 6 angeborene Bedürfnisse), das "ÜBER-ICH" umgekehrt Aufopferung für die vom Ich des Menschen selbst verschuldeten sog. Ersatzbedürfnisse. (Deren Ausbruch ist ein Resultat der methodisch-pädagogisch 'verhängten' Verdrängung ["Ausreissen"] der ES-eigenen Bedürfnisse.)
Dies vorangeschickt nehme ich nun an, Dein Ich sei im Traum, eingezwängt zwischen den unvereinbaren Forderungen jener zwei Systeme, vom Gefühl der Überforderung betroffen gewesen (nicht notwendig "bewusst") und habe, gedrängt von dieser konfliktbesetzen Situation, die Flucht nach vorn ergriffen: So erklärt sich mir beim momentanen Stand meiner Überlegungen der eilige Wechsel vom Vorgarten ('vorbewusstes' Über-Ich) ins Innere des Elternhauses (Dein vollbewusstes Ich).

Da dort statt der ursprünglichen Wilddisteln nurmehr die Ziernesseln (Domestikationssymbol) auftauchten, muß ein zwischenzeitlich 'gelungener' Anpassungsprozess ("Ausreissen" der naturgemäßen Bestimmung Deines Daseins) angenommen werden, aber klar ist auch, dass Du Dich damit alles andere als wohl fühlen kannst. Gewaltsam 'verhängte' Instinktverdrängung + pädagogische Konditionierung der ausbrechenden Vorlieben bzw. ihrerseits gewaltsamen Ersatzbedürfnisse ( "ich würde das Unkraut gerne wegmachen" = Machtdrang), führt zum Sinnverlust bzw. Gefühl der inneren Leere hin: dies stellt gerade keine Bejahung, sondern eine Anklage gegen Deine ins Über-Ich eingenisteten Erzieher (das für Deine Situation verantwortliche "Systems-Übertragungsersonal") dar...


Meine Fragen beziehen sich - wie oben schon geschrieben - auf das Symbol (...) der Blüte als Symbolik der Weiblichkeit... Insgesamt fühle ich mich nicht besonders weiblich, das war aber schon immer so und wurde mir nicht aberzogen.

Nun, die Distelblüten (Plural) verkörpern das Symbol einer "genitalen" Frauengruppe, ebenfalls das damit verbundene Instinktverhalten und dessen Bestimmung, wobei Wildpflanzen erst ansatzweise geeignet sein können, auf das sexuelle Verhalten seelisch-emotionell wie auch geist-körperlich vollentwickelter Frauen hinzudeuten. Die Blüten zeigen die "Richtung" Deiner Daseinsbestimmung als genitale Frau an, werfen hierbei freilich die Frage auf, warum anstelle der Symbolik aus dem Reich der "Flora" keine aus dem der "Fauna" erschien?
Absolut ungeeignet für die weitere Klärung dieser Frage wäre, die in unserer neurotisch "instinktverarmten" Gesellschaftsform als weiblich (nur) gelten Frauen zu einem gültigen Wert- und Beurteilungskriterium zu erheben. Statt dessen solltest Du Dich mit Jane Goodall's "Wilde Schimpansen" auseinandersetzen, wenn Du anfangen wolltest, Dir - anhand der Anregungen, die auch die 'äußeren' Naturwissenschaften bieten, ein fundiertes Modell der artgerechten Weiblichkeit zu entwerfen.

Dein Traum befasst sich meiner Meinung nach nun nicht so sehr mit der Frage der naturgemäßen Weiblichkeit, er versucht vielmehr, Dir Deine Situation von Grund auf einsehbar zu machen, denn zeitlich vor der Genitalphase oben in den Blüten, steht das Erwachen der wehrhaften Souveränität, ein Bedürfnis, auf das die Dornen symbolisch hinweisen: Kindern wird, in elastischen Grenzen, spätestens ab dem 3. Lebensjahr bewusst, kein Anhängsel der Mutter mehr zu sein - wie während der 'vegetativen' Oralphase empfunden -, sondern über 'animalischen' Eigenwillen zu verfügen...
Mir wird eben bewusst, Dich noch nicht um Freie Assoziationen über das Symbol der braunen Fliesen gebeten zu haben; wenn Du den Traum weiter untersuchen möchtest, dann hole dies bitte nach, indem Du beide Aspekte gesondert beschreibst.

Fliesen: Welche Materialeigenschaften haben sie und wozu eignen sich diese besonders (Frage nach dem Zweck, Fließen im Haushalt zu platzieren, u.a. wahrscheinlich als Fußboden/ Grundlage von weiterem)
Braun: Was verbindest Du mit dieser Farbe von Grund auf; wo oder an was kommt sie vor und in welchem Zusammenhang könnte solch braunes Material mit den Fliesen als solchen (auch in der Farbe Weiß) stehen:

Achte beim Assoziieren bitte auf die während dessen neu auftauchenden Symbole, markiere und vertiefe sie, indem Du auch bei ihnen beschreibst, wie sie funktionieren und was der Zweck davon sei. Je mehr Freie Einfälle, desto besser... Eine gefühlsmäßig passende Überschrift hattest Du dem Traum bereits aufgesetzt? Ggf würde eine zweite nicht schaden (Du hast Dich mitlerweile so ausführlich mit dem Traumgeschehen befasst, dass Dir eine vielleicht noch besser passende einfällt.)


7 Jahre, als das Kind schon nicht mehr ganz klein ist, das Ende der um das 5. L.j. beginnenden Genital- bzw. den Anfang der Latenz- oder Dornröschens-Schlafphase kennzeichnend, stellt das Alter dar, ab dem diese Prägungen sich irreveribel verfestigen. Jüngere Kinder hätten es entsprechend wesentlich leichter, von den zuvor oktroyierten Erziehungsschäden zu genesen, d.h. sofern sie hierfür Gelegenheit geboten bekämen. Das ist in unserer patriarchatischen Gesellschaft nirgendswo der Fall, im Gegenteil...

Gut, das kann ich verstehen und nachvollziehen. Die Traumsymbolik hat also nicht zufällig dieses Alter gewählt.

Genau, mit der "Zufalls"-Hypothese lässt sich innerhalb der freudschen Traumdeutungsmethode nichts anfangen; ihre Konzeption geht von der Annahme aus, dass sowohl hinter den Gestalten der emotionell temperierten Symbole unserer Träume, als auch hinter der Evolution der Organismen aus einfachsten Anfangsformen ein diese Phänomene erschaffender, noumenaler Wille stehe. (Die Physik spricht in diesem Zusammenhang von einer allen Phänomenen zugrundeliegenden "Energie", nicht von Wille; auch würde Schopenhauers Deutung dieses Begriffs in die Irre führen, also bitte keine voreiligen Schlüsse). Mit dem 3-Instanzen-Modell und der "Libido" als noumenal-energetische Quelle auch jedes der Es-Bedürfnisse kommst Du zurecht?


entschuldige bitte, dass ich Dir jetzt erst antworte. Ich war einige Tage unterwegs. Ich bin beruflich viel auf Tour.
(...) Wahre Freiheit wird man in der Zivilisation nicht finden. Der Geist und die Gedanken können frei sein - die anderen Fesseln wird man nicht ablegen können.

Du brauchst Dich nicht bei mir entschuldigen für die Verzögerungen (eher bei der Libido als der Schöpfer des Naturorganismus, der Du v.a. weiteren bist.). Ich überlege zwar prinzipiell, wie effektiv oder ineffektiv es sei, die Untersuchung eines Traumes über mehrere Wochen zu verteilen, bei Deinem bereitet es mir aber keine Schwierigkeiten, nicht zuletzt, weil er quasi archetypisch strukturiert ist. Der sich darin offenbarende Konflikt zwischen der Natur und ihrer rechtswidrigen Domestikation (oft idealisiert als "Zivilisation") verdeutlich auf ganz ausgezeichnete Weise die Hintergründe von Freuds "Unbehagen in der Kultur".

In der Gegenwart würde er allerdings tunlichst darauf verzichtet haben, die Begrifflichkeit der "Kultur" zu verwenden für den Versuch, seine für das moralisch konditionierte Über-Ich äußerst unbehagliche Kritik an unserer entsprechend pathogenen Gesellschaftsform zum Ausdruck zu bringen, denn durch die Befunde u.a. der ethologischen Primatenforschung wurde inzwischend erkannt, dass es sich bei der Errichtung von Kulturen um ein der Natur immanentes Phänomen handelt. Die Kulturen, die z.B. von den verschiedenen Schimpansengruppen geistvoll begründet und tradiert* werden, ergänzen das Es mit seinen angeborenen Bedürfnissen, führen also keineswegs zu deren "Verdrängung" und dem respektiven Gefühl der "Leere"/ Sinn- und Freiheitsverlust) hin.(* Dieser Sachverhalt illustriert die naturgemäße Bestimmung des "Über-Ichs": Dies ca. mit dem Limbischen System gleichsetzbare Organ dient dazu, "Erfahrungen" zu speichern, auf die dann das Ich künftig zurückgreifen kann, oder die sich auch eigenständig melden als "Gewissen", dem Ich seinen Einsatz für die Belange des Es erleichternd.)
Anders als die Wissenschaft zur Zeit Freuds glaubte - und er selbst nicht unmißverständlich richtig zu stellen vermochte, ist also nicht die Natur kultur- und geistlos, sondern der, der sie dafür erklärt.

Freuds 3-Instanzen-Model der Seele gilt für alle Lebensformen, vom Darwinschen Ur-Einzeller (fruchtbares Ei) bis hin zu den "eigentlich sozialen Arten" als seinen bewusstseinsmäßig am höchsten evolutionierten Superstrukturen, so muß bzgl. der Frage, warum unsere patriarchatische Gesellschaftsform alle Menschen seelisch krank macht, nach einer anderen Erklärung gesucht werden als die, dernach das Phänomen der Kulturengründung (oder "Geist") schlechthin dafür verantwortlich sei.

Ich würde sagen, Du hast Dir unter den 3 Träumen den am besten geeigneten ausgesucht, Dich mit Deiner innerern Situation aus der Sicht der Psychoanalyse bekannt zu machen, dafür brauchst Du Dich nicht eilen. Gut Ding will Weile haben.
https://www.academia.edu/42269167/MINDERHEITEN
https://www.academia.edu/20429164/Psychoanalyse_des_Werkes_Jokastes_Kinder
plush
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Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon Milkyway » 12.07.2016, 17:23

Lieber plush,

Wovon ich im Moment jedenfalls ausgehe, ist die Annahme, dass dem Symbol der Wilddisteln und dem der Bezeichnung Un-Kraut zwei einander gegenseitig (feindselig) ausschließende Systeme mit entsprechenden Forderungen und Glücksvorstellungen (Werten) zugrunde lägen:

>> Die Wildpflanzen gehören dem System der auf unseren Planten seit 4 Milliarden Jahren selbstorganisatorisch "wild" evolutionierenden Natur an und fordern von Deinem Ich-Bewusstsein, Deine im Genom latent vorliegende, "artspezifische" Daseinsbestimmung verwirklichen zu sollen, (Dornen und Blüten deuten hierbei auf 2 eigene Instinkt- oder Bedürfnisbereiche hin)

>> und der Begriff Unkraut dem System unserer vom menschlichen Intellekt vor ca. 6000 Jahren in Mesopotamien gut gemeint ersonnenen Gesellschaftsform mit ihren auf den Verhaltensforschriften der totemischen Moral (Mosis Dekalog) verankerten Forderungen, den Selbstverwirklichungsdrang der primatischen Instinkte des Homo Sapiens ideologisch zu dämonisieren (entwerten), konkret zu bekämpfen (methodische Traumatisierung/ Verdrängung ins Unbewusste) und die verbliebenen Restfunktionen der Organismen (Endokrinik, Reproduktion, Muskelaktivität, 'Geist') im Sinne der Erhaltung und Verbesserung dieses Systems zu benutzen. Dafür, dass dies 'gelingt', ist die Erziehung (pädagogische Domestizierung) zuständig: die "Anpassung" der jeweils nachfolgenden Generation durch die vorherige an immer das selbe, hierbei freilich einem gewissen Wandel seiner Moden, Technologien, Sitten und Gebräuche unterliegende System...


Okay, ich verstehe. Du definierst die Libido vorallem als menschliche Urinstinkte und eigene Bedürfnisse. Das Weiblich in diesem Sinne durchaus dann auch physisch und nicht nur psychisch zu verstehen.
Insgesamt - und da kann ich durchaus zustimmen - geht es in diesem Szenario darum, sich die ureigenen Bedürfnisse vs. die Anforderungen des Alltagslebens konkret vor Augen zuführen. Daher tauchen auch die Disteln im Vorgarten auf. Vorgarten vielleicht auch (und nicht der hintere Teil des Gartens), da die ureigenen Instinkte im "Vorleben" - also der Kindheit und Jugend - noch viel dominanter verankert sind.

Das mitten drin aufgetauchte Symbol "mir fehlte Zeit" (der 'Verlust der Langsamkeit') würde ich versuchsweise zu interpretieren versuchen wie folgt: Den im 'vorbewussten' Über-Ich-Vorgarten 'illegal' wild wuchernden Disteln ist die ihnen aus dem 'unbewussten' Es (Genom) eingegebene Forderung immanent, Dich in der hierfür erforderlichen Ruhe mit der Bedeutung jedes einzelnen Symbols (u.a. Wehrhaftigkeit gegen Unrecht, Freiheit) befassen zu sollen, um Einblicke in Deine Innere Situation ('Clash of two Systems') gewinnen und daraus die Konsequenzen ziehen zu können. Das "ES" oder genauer: die Libdio fordert von Deinem Ich Einsatz für ihre naturgesetzlichen Belange (insgesamt 6 angeborene Bedürfnisse), das "ÜBER-ICH" umgekehrt Aufopferung für die vom Ich des Menschen selbst verschuldeten sog. Ersatzbedürfnisse. (Deren Ausbruch ist ein Resultat der methodisch-pädagogisch 'verhängten' Verdrängung ["Ausreissen"] der ES-eigenen Bedürfnisse.)
Dies vorangeschickt nehme ich nun an, Dein Ich sei im Traum, eingezwängt zwischen den unvereinbaren Forderungen jener zwei Systeme, vom Gefühl der Überforderung betroffen gewesen (nicht notwendig "bewusst") und habe, gedrängt von dieser konfliktbesetzen Situation, die Flucht nach vorn ergriffen: So erklärt sich mir beim momentanen Stand meiner Überlegungen der eilige Wechsel vom Vorgarten ('vorbewusstes' Über-Ich) ins Innere des Elternhauses (Dein vollbewusstes Ich).


Das ist wohl die eleganteste Art zu vermieden. Man hat einfach keine Zeit dafür ;)

Da dort statt der ursprünglichen Wilddisteln nurmehr die Ziernesseln (Domestikationssymbol) auftauchten, muß ein zwischenzeitlich 'gelungener' Anpassungsprozess ("Ausreissen" der naturgemäßen Bestimmung Deines Daseins) angenommen werden, aber klar ist auch, dass Du Dich damit alles andere als wohl fühlen kannst. Gewaltsam 'verhängte' Instinktverdrängung + pädagogische Konditionierung der ausbrechenden Vorlieben bzw. ihrerseits gewaltsamen Ersatzbedürfnisse ( "ich würde das Unkraut gerne wegmachen" = Machtdrang), führt zum Sinnverlust bzw. Gefühl der inneren Leere hin: dies stellt gerade keine Bejahung, sondern eine Anklage gegen Deine ins Über-Ich eingenisteten Erzieher (das für Deine Situation verantwortliche "Systems-Übertragungsersonal") dar...


Die Ziernesseln waren ja nicht als konkretes Symbol in meinem Traum vorhanden. Das Haus war ja komplett leer. Aber ich habe die Ziernesseln unweigerlich mit dem Wohnzimmer und seinem großen Fenster verknüpft.
Wie definierst Du Macht? Und warum denkst hier ist Machtbedürfnis im Spiel? Könnte es nicht einfach nur sein, dass ich die Disteln ausreißen möchte, da ich meine ursprünglichen Wünsche als Solches nicht akzeptieren kann?


Nun, die Distelblüten (Plural) verkörpern das Symbol einer "genitalen" Frauengruppe, ebenfalls das damit verbundene Instinktverhalten und dessen Bestimmung, wobei Wildpflanzen erst ansatzweise geeignet sein können, auf das sexuelle Verhalten seelisch-emotionell wie auch geist-körperlich vollentwickelter Frauen hinzudeuten. Die Blüten zeigen die "Richtung" Deiner Daseinsbestimmung als genitale Frau an, werfen hierbei freilich die Frage auf, warum anstelle der Symbolik aus dem Reich der "Flora" keine aus dem der "Fauna" erschien?
Absolut ungeeignet für die weitere Klärung dieser Frage wäre, die in unserer neurotisch "instinktverarmten" Gesellschaftsform als weiblich (nur) gelten Frauen zu einem gültigen Wert- und Beurteilungskriterium zu erheben. Statt dessen solltest Du Dich mit Jane Goodall's "Wilde Schimpansen" auseinandersetzen, wenn Du anfangen wolltest, Dir - anhand der Anregungen, die auch die 'äußeren' Naturwissenschaften bieten, ein fundiertes Modell der artgerechten Weiblichkeit zu entwerfen.

Dein Traum befasst sich meiner Meinung nach nun nicht so sehr mit der Frage der naturgemäßen Weiblichkeit, er versucht vielmehr, Dir Deine Situation von Grund auf einsehbar zu machen, denn zeitlich vor der Genitalphase oben in den Blüten, steht das Erwachen der wehrhaften Souveränität, ein Bedürfnis, auf das die Dornen symbolisch hinweisen: Kindern wird, in elastischen Grenzen, spätestens ab dem 3. Lebensjahr bewusst, kein Anhängsel der Mutter mehr zu sein - wie während der 'vegetativen' Oralphase empfunden -, sondern über 'animalischen' Eigenwillen zu verfügen...
Mir wird eben bewusst, Dich noch nicht um Freie Assoziationen über das Symbol der braunen Fliesen gebeten zu haben; wenn Du den Traum weiter untersuchen möchtest, dann hole dies bitte nach, indem Du beide Aspekte gesondert beschreibst.


Ich denke das habe ich verstanden. Es geht hier um dem Urtyp der Weiblichkeit - auch auch um die Physis und nicht nur um die psychologischen Eigenschaften. Wobei ich mir mit dem Begriff der "artgerechten" Weiblichkeit" schwer tue. Denn es gibt für mich nur bedingt eindeutig weibliche und eindeutig männliche Unterschiede. Die vor allem aber in der Physis zugrunde liegen

Fliesen: Welche Materialeigenschaften haben sie und wozu eignen sich diese besonders (Frage nach dem Zweck, Fließen im Haushalt zu platzieren, u.a. wahrscheinlich als Fußboden/ Grundlage von weiterem)
Braun: Was verbindest Du mit dieser Farbe von Grund auf; wo oder an was kommt sie vor und in welchem Zusammenhang könnte solch braunes Material mit den Fliesen als solchen (auch in der Farbe Weiß) stehen:

Achte beim Assoziieren bitte auf die während dessen neu auftauchenden Symbole, markiere und vertiefe sie, indem Du auch bei ihnen beschreibst, wie sie funktionieren und was der Zweck davon sei. Je mehr Freie Einfälle, desto besser... Eine gefühlsmäßig passende Überschrift hattest Du dem Traum bereits aufgesetzt? Ggf würde eine zweite nicht schaden (Du hast Dich mitlerweile so ausführlich mit dem Traumgeschehen befasst, dass Dir eine vielleicht noch besser passende einfällt.)


Du musst wissen, in diesem Haus waren tatsächlich bräunlich-beige Fliesen. Man tritt auf sie und sie halten es aus, da sie auf festen Material sind. Aber sie vertragen nicht alles. Irgendwann brechen sie auch. Es gibt Fliesen, die erfüllen auch ästhetische Ansprüche - wobei die Braunen hierzu für mich persönlich nicht gehören. Das Braun steht für mich eher für vergangene Zeiten und vergangene Moden.
Als wir aus dem Haus weg gezogen sind, haben die neuen Besitzer als Erstes mit diese Fliesen entfernt. Ich weiß nicht, ob das eine Rolle, aber es fällt mir gerade dazu ein.
Ich habe auf diesen Fliesen gespielt- auch das fällt mir ein.

Eine zweite Überschrift fällt mir noch schwer. Da könnte ich nur komplett rational antworten und etwas konstruieren. Ich glaube aber, dass ist nicht hilfreich.


Genau, mit der "Zufalls"-Hypothese lässt sich innerhalb der freudschen Traumdeutungsmethode nichts anfangen; ihre Konzeption geht von der Annahme aus, dass sowohl hinter den Gestalten der emotionell temperierten Symbole unserer Träume, als auch hinter der Evolution der Organismen aus einfachsten Anfangsformen ein diese Phänomene erschaffender, noumenaler Wille stehe. (Die Physik spricht in diesem Zusammenhang von einer allen Phänomenen zugrundeliegenden "Energie", nicht von Wille; auch würde Schopenhauers Deutung dieses Begriffs in die Irre führen, also bitte keine voreiligen Schlüsse). Mit dem 3-Instanzen-Modell und der "Libido" als noumenal-energetische Quelle auch jedes der Es-Bedürfnisse kommst Du zurecht?


Sagen wir mal so. Ich habe es mal theroretisch an der Uni gelernt. Ich habe also die theoretische Basis - um ich damit als Solches zurecht komme, kann ich nicht eindeutig beantworten. Da ich für jede Theorie positive als auch negative Argumente finde. Du wirst bestimmt denken, typisches "Uniwissen" und da hast Du Recht ;)
Ich habe jetzt schon einige Tage nicht mehr davon geträumt. Das Symbol des Elternhauses ist einem anderen bzw. zwei anderen persistenten Symbolen gewichen. Das muss ich auch beobachten, denn die neuen Träume hinterlassen bei mir ebenfalls einen üblichen Nachgeschmack nachdem Aufstehen.




In der Gegenwart würde er allerdings tunlichst darauf verzichtet haben, die Begrifflichkeit der "Kultur" zu verwenden für den Versuch, seine für das moralisch konditionierte Über-Ich äußerst unbehagliche Kritik an unserer entsprechend pathogenen Gesellschaftsform zum Ausdruck zu bringen, denn durch die Befunde u.a. der ethologischen Primatenforschung wurde inzwischend erkannt, dass es sich bei der Errichtung von Kulturen um ein der Natur immanentes Phänomen handelt. Die Kulturen, die z.B. von den verschiedenen Schimpansengruppen geistvoll begründet und tradiert* werden, ergänzen das Es mit seinen angeborenen Bedürfnissen, führen also keineswegs zu deren "Verdrängung" und dem respektiven Gefühl der "Leere"/ Sinn- und Freiheitsverlust) hin.(* Dieser Sachverhalt illustriert die naturgemäße Bestimmung des "Über-Ichs": Dies ca. mit dem Limbischen System gleichsetzbare Organ dient dazu, "Erfahrungen" zu speichern, auf die dann das Ich künftig zurückgreifen kann, oder die sich auch eigenständig melden als "Gewissen", dem Ich seinen Einsatz für die Belange des Es erleichternd.)
Anders als die Wissenschaft zur Zeit Freuds glaubte - und er selbst nicht unmißverständlich richtig zu stellen vermochte, ist also nicht die Natur kultur- und geistlos, sondern der, der sie dafür erklärt.

Freuds 3-Instanzen-Model der Seele gilt für alle Lebensformen, vom Darwinschen Ur-Einzeller (fruchtbares Ei) bis hin zu den "eigentlich sozialen Arten" als seinen bewusstseinsmäßig am höchsten evolutionierten Superstrukturen, so muß bzgl. der Frage, warum unsere patriarchatische Gesellschaftsform alle Menschen seelisch krank macht, nach einer anderen Erklärung gesucht werden als die, dernach das Phänomen der Kulturengründung (oder "Geist") schlechthin dafür verantwortlich sei.



Etwas was mir an dieser Theorie sehr gut gefällt. Es hat nicht die menschliche Dominanz und Überlegenheit im Fokus...



Ich würde sagen, Du hast Dir unter den 3 Träumen den am besten geeigneten ausgesucht, Dich mit Deiner innerern Situation aus der Sicht der Psychoanalyse bekannt zu machen, dafür brauchst Du Dich nicht eilen. Gut Ding will Weile haben.[/quote]

Ich habe nach freiem Bauchgefühl bei der Auswahl der Träume gehandelt. Das ist bei solchen Sachen meistens nicht verkehrt ;)

Liebe Grüße
Milky
Milkyway
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Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon plush » 12.07.2016, 21:09

Mit dem 3-Instanzen-Modell und der "Libido" als noumenal-energetische Quelle auch jedes der Es-Bedürfnisse kommst Du zurecht?

Sagen wir mal so. Ich habe es mal theroretisch an der Uni gelernt. Ich habe also die theoretische Basis - um ich damit als Solches zurecht komme, kann ich nicht eindeutig beantworten. Da ich für jede Theorie positive als auch negative Argumente finde. Du wirst bestimmt denken, typisches "Uniwissen" und da hast Du Recht ;)
Ich habe jetzt schon einige Tage nicht mehr davon geträumt. Das Symbol des Elternhauses ist einem anderen bzw. zwei anderen persistenten Symbolen gewichen. Das muss ich auch beobachten, denn die neuen Träume hinterlassen bei mir ebenfalls einen üblichen Nachgeschmack nachdem Aufstehen.

"Den" üblichen oder meintest Du "einen" üblen? Vielleicht handelt es sich um einen Lapsus, dem beides in einem einzigen Wort zu verdichten gelang... Davon abgesehen scheint also etwas in Bewegung zu kommen in Deiner Seele, oder wie würdest Du den Wechsel gefühlt deuten? Persistenz im Sinne von „nicht unkontrolliert veränderlich“? - was hieße das? Nun gut, es macht keinen Sinn hier zu fragen, ohne den neuen Traum zu kennen und untersucht zu haben; das können wir auf später verschieben, wenn Du magst...


Okay, ich verstehe. Du definierst die Libido vor allem als menschliche Urinstinkte und eigene Bedürfnisse. Das Weiblich in diesem Sinne durchaus dann auch physisch und nicht nur psychisch zu verstehen.
Insgesamt - und da kann ich durchaus zustimmen - geht es in diesem Szenario darum, sich die ureigenen Bedürfnisse vs. die Anforderungen des Alltagslebens konkret vor Augen zuführen. Daher tauchen auch die Disteln im Vorgarten auf.

Ich würde es schärfer formulieren, und zwar so, dass ein Großteil der angeborenen Bedürfnisse (- mit ihnen die ihrer Befriedigung dienenden Instinkte bzw. Verhaltensmuster) unbedingt geächtet und schließlich ins Unbewusste verdrängt werden müssen, damit aus dem Kind ein an das System unserer naturfeindlichen Gesellschaftsform "angepasster", neuer Bürger gezüchtet wird, der also sein Alltagsleben mehr oder minder im Einklang mit seiner ihn instinktverarmend habenden Erziehung gestaltet. Ohne gewaltsame Verdrängung der angeborenen Bedürfnisse, kein Ausbruch der "Ersatzbedürfnisse", das Getriebe unseres Patriarchats.
Artgerecht sozialisierte Menschen gestalten ihren Alltag unvergleichlich anders, also gerade nicht "vs.", sondern aufgrund der Bedürfnissen ihres "Es".

Plus-Minus-Argumente finden sich immer, denn es ist das Wesen unserer Rationalität, alles aus wenigstens zwei Perspektiven betrachten zu können; dies hängt letzlich mit unserer sog. Entscheidungsfreiheit zusammen: irren und richtig denken können, im Sinne des eigenen Überlebens (Selbsterhaltung) und Stillung überhaupt aller angeborenen Bedürfnisse. (Sozialität [selbstlose Einsatzbereitschaft] und Sexualität dienen der Arterhaltung).

Mit dem Begriff "Libido" verhält es sich so: Er bezeichnet die energetisch-undimensionale Quelle (noumenaler Wille), aus der Dualitäten wie Geist und Leib generiert werden, mit ihnen die verschiedenen angeborenen Bedürfnisse. Z.B. die eher dem 'Geist' zugeordnete Wissbegierde, der Souverantitätsanspruch eher des 'Leibes' (auf Bewegungsfreiheit in dem von ihm als Lebensraum eingenommenen Gebiet), das nicht weniger instinktiv befriedigte, wiederum eher als 'geistig' verstehbare Sozialitätsbedürfnis und das abermals eher 'körperliche' Verlangen nach Lustaustausch /gegenseitige Körperpflege, vor allem der am stärksten von Bakterieninvasionen bedrohten, in Weiser Voraussicht zu "erogenen Zonen" verwandelten Öffnungen). Die Bedürfnisse nach dem Ausgleich der energetischen Verluste, die die Lebensmoleküle unaufhörlich erleiden (Nahrungsaufnahme), nach Vermehrung und Selektion der "fittesten" Gene (weibl. und männl. Sexualität) vervollständigen diese Skizzierung der 6 der Seele immanenten Bedürfnisse.

Psyche und Physis stellen hierbei Synonyme der Begriffe Geist und Leib dar, so wie die "Seele" ein Synonym der universal-harmonischen Synthese der beiden ihr innewohnenden Aspekte.


Vorgarten vielleicht auch (und nicht der hintere Teil des Gartens), da die ureigenen Instinkte im "Vorleben" - also der Kindheit und Jugend - noch viel dominanter verankert sind.

Ein wichtiger Einfall; vortrefflich, dass Du das Symbol so deutest!


Die Ziernesseln waren ja nicht als konkretes Symbol in meinem Traum vorhanden. Das Haus war ja komplett leer.

Ob direkt an der Oberfläche des bewusst erinnerten Traumgeschehens vorhanden oder nicht (- so dass sie ggf. erst mittels des Freien Assozierens von darunter 'ertaucht' werden können), würde ich für vielleicht zweitrangig erachten, aber es ist klar - glaube ich -, dass ein komplett leeres Haus seinerseits ein Symbol verkörpert: wie sollte besser das Gefühl der "Leere" (Sinn- und Freiheitsverlust) ausgedrückt werden, das sich aus der Verdrängung des ES ergibt?!
Dass die der naturgemäßen Wehrhaftigkeit beraubten Ziernesseln erst später erschienen, könnte ebenfalls seine immanente Logik haben, denn die Es-Verdrängung liegt ja zeitlich unmittelbar vor dem Ausbruch der das Leeregefühl verewigenden Ersatzbedürfnisse. Deren Feinanpassung an die jeweils aktuellen Moden, Sitten und Gebräuche wäre dann die weitere Aufgabe der mit der Berufsausbildung endenden Erziehung hin zu einem 'Topfgewächs' - der Kaiser (das Patriarchat insgesamt, mit ihm jedes der es gemeinsame bildenden Individuen) bekommt zum Ausbruch jeder neuen seiner Epochen ein neues Kleid, das die Verhaltensweisen der "Vorzeit" als sittenwidrig oder zumindest 'unmodisch' erscheinen lässt...


Aber ich habe die Ziernesseln unweigerlich mit dem Wohnzimmer und seinem großen Fenster verknüpft.
Wie definierst Du Macht? Und warum denkst hier ist Machtbedürfnis im Spiel? Könnte es nicht einfach nur sein, dass ich die Disteln ausreißen möchte, da ich meine ursprünglichen Wünsche als Solches nicht akzeptieren kann?

Es bliebe dennoch die Frage, wie es sein kann, dass ein als 100%iges Naturwesen geborenes, sich in seinem Wildwuchs entfalten wollendes Kind seine Natur 'auf einmal' nicht mehr akzeptiert. Das Auftauchen entsprechend auto-/destruktiver Wünsche in seinem Ich-Bewusstsein, auch deren Umsetzung, setzt eine das Kind von Außen her zu solch einem Verhalten zwingende Instanz voraus, der es nicht zu entkommen vermag - die es also regelrecht gefangen hält und die beginnt, es im Sinne seiner instinktwidrigen Interessen zu konditionieren. Eine derartige 'Behandlung' meint hier der Begriff "Macht(ausübung)" im ganz Allgemeinen.

Genauer gesagt stellt der Machdrang das "Ersatzbedürfnis" der (verunmöglichten) triebhaften Sozialität (evolutionseigenen Zusammenlebensform des Homo sapiens) dar. Und da die Natur sich nicht von selbst entartet, muß am historischen Anfang dieser unsere gesamte Gesellschaftsform kennzeichnenden, ebenfalls für Deine pesönliche Tragödie verantwortlichen pathogenen Phänomene ein "Ur-Irrtum" des Geistes der Urmenschheit angenommen werden. Infrage für uns Abendländer käme der urmenschliche Geist in den Kontexten der Sumerischen Megalithkultur, der zwar ganz Mesopotamien ("Eden") zu einem Großgarten umgewandelt hatte, freilich ab einem bestimmten Punkt dieser Entwicklung auch auf die fatale Idee kam, darin 'paradiesische' Kleingartenparzellen zu installieren, in denen er jeweils 1 Mann und 1 Frau versperrte. Sämtliche Mythen aller Kulturen weltweit, die von solch einem traumatischen Ereignis berichten (die "Einführung der Monogamie"), verkünden zugleich von dem (scheinbar) gleich darauf ausbrechenden Leiden auf Erden. So auch in Griechenland, anlässlich Epimetheus' Verpaarung mit Pandora - eine wie Eva ausdrücklich künstlich hergestellte Frau... Adam als mit dem 'Geist' der naturfeindlichen Gebote des Dekalogs 'psychisch' behauchter Erdenklos ['Physis'] ist nicht besser...


Ich denke das habe ich verstanden. Es geht hier um dem Urtyp der Weiblichkeit - auch auch um die Physis und nicht nur um die psychologischen Eigenschaften. Wobei ich mir mit dem Begriff der "artgerechten" Weiblichkeit" schwer tue. Denn es gibt für mich nur bedingt eindeutig weibliche und eindeutig männliche Unterschiede. Die vor allem aber in der Physis zugrunde liegen

Nun, was genau das Wort "artgerechte Weiblichkeit" bezeichnet, können wir anhand Deines Traumes und bisherigen Freien Assoziationen kaum erahnen; wir wissen aus ihnen lediglich, dass sie wohl mit dem Phänomen der sexuellen Vermehrung zu tun habe (die Sache mit den Bienen und Blumen). Wie gesagt, das erscheint mir Deinem Traum gemäß als ein bis auf weiteres hinten an zu stellendes Thema, weil er - denke ich - tiefer hinab führt, zu den seelischen Grundlagen, auf denen sich dann nicht nur die naturgemäße Weiblichkeit entwickelt, bzw. - soll. Ohne das Fundament der von den Dornen symbolisch angezeigten "Wehrhaftigkeit" im Kontext des zur Analphase erwachenden Eigenwillens, wird man zu einem Bürger (fügsamen Arbeitsfaktor) unserer patriarchatischen Gesellschaft, unmöglich zum (eigentlichen) Homo sapiens.

Gegen Deine Verankerung des Unterschiedes zwischen Naturfrau und -mann auf der Physis hätte ich vorerst insofern keine Bedenken, als dass die von den Denkern unserer instinktverarmten Gesellschaftsform seit je her gesetzte Grenze zwischen 'physischem' Leib (Natur) und 'psychischem' Geist (- mitsamt seiner Leistungen auf den Gebieten der Kulturen und Zivilisationen) als gegenstandlos erachtet werden kann. Die Seele als synthetischer Begriff lässt sich zwar philosophisch nach ihren zwei inneren Aspekten oder Sichtweisen auf "das Selbe" separieren (- eine Leistung des analytischen Denkens), es führt aber zu nichts Gutem hin, Leib und Geist als autonom Existenz-befähigte "Entitäten" verstehen zu wollen. Die Psychoanalyse hat die mehrtausendjährig instinktlose Diskussion in der Kirche über das sog. Leib-Seele-Problem mitsamt Dämonisierung der zudem als geistlos discreditierten Natur ein für alle Mal zu den Akten befördert...


Etwas was mir an dieser Theorie sehr gut gefällt. Es hat nicht die menschliche Dominanz und Überlegenheit im Fokus...

Das freut mich, dass Du das so siehst; es spricht für Dich. In der That versteht die Psychoanalyse unter der "Krone der Schöpfung" nichts, was die Natur dominiert, geschweige denn schändet. "Adel verpflichtet!", sich für die geistig mindermutierte Schöpfung einzusetzen, schon aus eigenem Interesse. Schaue deswegen nochmal genauer hin - im Interesse Deines Seelengrundes aus dem Reich der Primaten -, was Du mit der Verankerung der geschlechtsspezifischen Unterschiede "vor allem auf der Physis" zu sagen beabsichtigtest. 'Rein' in der "Form" verankerte Differenzen, ohne eine notwendige Verbindung oder Auswirkung zum "Verhalten"?


Das ist wohl die eleganteste Art zu vermieden. Man hat einfach keine Zeit dafür ;)

Richtig, so betrügt man sich auf scheinbar geistreichste Weise selbst, ohne zu merken, dass Zeit-, Bewusstseins- und Realitätsverluste nahezu das Selbe sind.

Eine zweite Überschrift fällt mir noch schwer. Da könnte ich nur komplett rational antworten und etwas konstruieren. Ich glaube aber, dass ist nicht hilfreich.

Das wissen wir noch nicht, aber die Psychoanalyse hegt von Natur aus großes Mißtrauen gegen das, was man genügend oft nur allzugerne glauben mag. Da das Über-Ich der Familienopfer grundsätzlich instinktfeindlich konditioniert wird - aus dem selben Grunde dazu neigt, die aus der Sicht seiner moralisch geprägten Inhalte 'zu heiklen' Einfälle wegzuzensieren bevor sie die Schwelle zum Bewusstsein überschreiten und sonst dem Ich allerlei Rationalisierungen einzusuggerieren, solltest auch Du Deinen Glauben nicht ohne weiteres ernst nehmen. Entscheide Du selbst: wenn Du beim Arzt bist, kannst Du auf seine Bitte hin die Hose runterlassen, Dir zur Sicherheit vorher aber auch die Frage stellen, welchen Zweck es haben könnte, zu denken, dass man anbetrachts eines eklatanten Unrechts (Sinn-entleertes Haus bzw. Ich-Bewusstsein) "nur komplett rational antworten" kann. Im Grund stellt dieser Einfall durch sein impulsive komplett eine gültige Überschrift dar, aber ringen um mehr Gefühl müsstest Du trotzdem können. Glaube kann Berge versetzen, so oder so... :-)


Fliesen: Welche Materialeigenschaften haben sie und wozu eignen sich diese besonders (Frage nach dem Zweck, Fließen im Haushalt zu platzieren, u.a. wahrscheinlich als Fußboden/ Grundlage von weiterem)
Braun: Was verbindest Du mit dieser Farbe von Grund auf; wo oder an was kommt sie vor und in welchem Zusammenhang könnte solch braunes Material mit den Fliesen als solchen (auch in der Farbe Weiß) stehen:

Achte beim Assoziieren bitte auf die während dessen neu auftauchenden Symbole, markiere und vertiefe sie, indem Du auch bei ihnen beschreibst, wie sie funktionieren und was der Zweck davon sei. Je mehr Freie Einfälle, desto besser... Eine gefühlsmäßig passende Überschrift hattest Du dem Traum bereits aufgesetzt? Ggf würde eine zweite nicht schaden (Du hast Dich mitlerweile so ausführlich mit dem Traumgeschehen befasst, dass Dir eine vielleicht noch besser passende einfällt.)

Du musst wissen, in diesem Haus waren tatsächlich bräunlich-beige Fliesen. Man tritt auf sie und sie halten es aus, da sie auf festen Material sind. Aber sie vertragen nicht alles. Irgendwann brechen sie auch. Es gibt Fliesen, die erfüllen auch ästhetische Ansprüche - wobei die Braunen hierzu für mich persönlich nicht gehören. Das Braun steht für mich eher für vergangene Zeiten und vergangene Moden.
Als wir aus dem Haus weg gezogen sind, haben die neuen Besitzer als Erstes mit diese Fliesen entfernt. Ich weiß nicht, ob das eine Rolle, aber es fällt mir gerade dazu ein.
Ich habe auf diesen Fliesen gespielt- auch das fällt mir ein.

Wie Du siehst, es tauchten in Deinen Freien Assoziationen einige neue Symbole auf, ganz zuletzt sogar das Spielen. Nimm es Dir im weiteren als erstes vor, indem Du beschreibst und definierst, was für ein Verhalten dies ist und wozu es dient:


Im nächsten Schritt versuche rauszubekommen, was die sog. Vorteile sein mögen, ein Kind auf Kacheln spielen zu lassen; wer hat was davon?
Betrachte Dir dafür deren Material nochmal genauer, denn das Attribut der Festigkeit ist sehr allgemein, insofern z.B. ein Fußboden aus hellgebeizten, ansonsten nicht weiter behandelten Brettern nicht weniger geeignet sein könnte (u.U. sogar besser), das Gewicht eines Menschen oder die Stöße z.B. fallender Gegenstände zu vertragen.
Berücksichtige bei Deinen Assoziationen ebenfalls den Unterschied, der zwischen dem Boden des Vorgartens (vergangene 'Mode' des "Vorlebens) und dem des Hausinneren (- der ca. seit dem 7. L.j. bis heute aktuell gewordene neue Modus) besteht. Welche Art Boden fände sich im Vorgarten konkret, welche Farbe hat dieser Stoff und in welcher Beziehung steht er zu den Wilddisteln:

Kannst Du Dich erinnern, im Garten gespielt zu haben?

die neuen Besitzer als Erstes mit diese Fliesen entfernt. Ich weiß nicht, ob das eine Rolle, aber es fällt mir gerade dazu ein.

Kann ich auch noch nicht abschätzen, fast hätte ich geglaubt: das ist egal. Aber da die neuen Besitzer eine "Freie Assoziation" sind (ein neues Symbol) vertiefe auch sie. Lass', wenn Du keine konkreten Infos hast, Deine Phantasie spielen, aus welchen Gründen sie die Fliesen entfernt haben, portraitiere die Charaktere dieser Personen und überlege, womit sie die Fliesen ggf ersetzten:

Mir fiel auf: im Kontext der Fliesen wurde das Wort "spielen" entfernt ('aus Versehen' ausgelassen), das hat Evidenz. Ok, nimm Dir zur Sicherheit auch das Symbol Rolle vor: Was ist das und wozu ist es gut und wie verhält sich das gemeinte Tun zum (Kinder-)Spiel?
https://www.academia.edu/42269167/MINDERHEITEN
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Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon Milkyway » 22.07.2016, 20:18

Lieber plush,

da bin ich wieder. Ich war mal wieder auf Tour :)

plush hat geschrieben:"Den" üblichen oder meintest Du "einen" üblen? Vielleicht handelt es sich um einen Lapsus, dem beides in einem einzigen Wort zu verdichten gelang... Davon abgesehen scheint also etwas in Bewegung zu kommen in Deiner Seele, oder wie würdest Du den Wechsel gefühlt deuten? Persistenz im Sinne von „nicht unkontrolliert veränderlich“? - was hieße das? Nun gut, es macht keinen Sinn hier zu fragen, ohne den neuen Traum zu kennen und untersucht zu haben; das können wir auf später verschieben, wenn Du magst...


Vielleicht müssen wir das neue persistente Symbol doch mal kurz heranziehen, da es sich auch um ein Haus bzw. um eine Wohnsiedlung handelt. Aber nicht um mein Elternhaus, auch nicht eine Stadt oder Gegend in der ich jemals tatsächlich gewohnt hätte. Dieses Traumsymbol besteht aus einer Hochhaussiedlung. Du kennst vielleicht diese Trabantenstädte, die Ende der 60er / Anfang der 70er aus dem Boden gestampft wurden?
Genauso etwas taucht nun doch recht häufig und konstant in meinen Träumen auf. Auch dieses Symbol begleitet mich phasenweise schon immer wieder mal seit meinem 17 Lebensjahr. Ich weiß nicht, ob man da Haus mit Haus vergleichen kann?

Ich würde es schärfer formulieren, und zwar so, dass ein Großteil der angeborenen Bedürfnisse (- mit ihnen die ihrer Befriedigung dienenden Instinkte bzw. Verhaltensmuster) unbedingt geächtet und schließlich ins Unbewusste verdrängt werden müssen, damit aus dem Kind ein an das System unserer naturfeindlichen Gesellschaftsform "angepasster", neuer Bürger gezüchtet wird, der also sein Alltagsleben mehr oder minder im Einklang mit seiner ihn instinktverarmend habenden Erziehung gestaltet. Ohne gewaltsame Verdrängung der angeborenen Bedürfnisse, kein Ausbruch der "Ersatzbedürfnisse", das Getriebe unseres Patriarchats.
Artgerecht sozialisierte Menschen gestalten ihren Alltag unvergleichlich anders, also gerade nicht "vs.", sondern aufgrund der Bedürfnissen ihres "Es".


Okay, jetzt habe ich verstanden was Du meinst.


Ob direkt an der Oberfläche des bewusst erinnerten Traumgeschehens vorhanden oder nicht (- so dass sie ggf. erst mittels des Freien Assozierens von darunter 'ertaucht' werden können), würde ich für vielleicht zweitrangig erachten, aber es ist klar - glaube ich -, dass ein komplett leeres Haus seinerseits ein Symbol verkörpert: wie sollte besser das Gefühl der "Leere" (Sinn- und Freiheitsverlust) ausgedrückt werden, das sich aus der Verdrängung des ES ergibt?!


So hätte ich das als Laie auch gedeutet - zumal der Traum genau dieses Gefühl der Leere hinterlassen hat. Ein leeres Haus ist irgendwie traurig und trist. Es fehlt das Leben!!

Dass die der naturgemäßen Wehrhaftigkeit beraubten Ziernesseln erst später erschienen, könnte ebenfalls seine immanente Logik haben, denn die Es-Verdrängung liegt ja zeitlich unmittelbar vor dem Ausbruch der das Leeregefühl verewigenden Ersatzbedürfnisse. Deren Feinanpassung an die jeweils aktuellen Moden, Sitten und Gebräuche wäre dann die weitere Aufgabe der mit der Berufsausbildung endenden Erziehung hin zu einem 'Topfgewächs' - der Kaiser (das Patriarchat insgesamt, mit ihm jedes der es gemeinsame bildenden Individuen) bekommt zum Ausbruch jeder neuen seiner Epochen ein neues Kleid, das die Verhaltensweisen der "Vorzeit" als sittenwidrig oder zumindest 'unmodisch' erscheinen lässt...


Das macht durchaus Sinn und wenn ich drüber nachdenke ist es ja auch so, dass die Disteln im Vorgarten (also im Vorleben standen). Die Ziernessel hingegen im Wohnzimmer. Das Wohnzimmer ist a) "hinter" dem Vorgartan angesiedelt und b) ein Raum wo Menschen zusammentreffen - also etwas "soziales" eine Interaktion passiert. Und dass genau dort die Ziernessel auftauchen, die gerne angepasst im "Sozialen" stehen, macht dann absolut Sinn.


Es bliebe dennoch die Frage, wie es sein kann, dass ein als 100%iges Naturwesen geborenes, sich in seinem Wildwuchs entfalten wollendes Kind seine Natur 'auf einmal' nicht mehr akzeptiert. Das Auftauchen entsprechend auto-/destruktiver Wünsche in seinem Ich-Bewusstsein, auch deren Umsetzung, setzt eine das Kind von Außen her zu solch einem Verhalten zwingende Instanz voraus, der es nicht zu entkommen vermag - die es also regelrecht gefangen hält und die beginnt, es im Sinne seiner instinktwidrigen Interessen zu konditionieren. Eine derartige 'Behandlung' meint hier der Begriff "Macht(ausübung)" im ganz Allgemeinen.

Genauer gesagt stellt der Machdrang das "Ersatzbedürfnis" der (verunmöglichten) triebhaften Sozialität (evolutionseigenen Zusammenlebensform des Homo sapiens) dar. Und da die Natur sich nicht von selbst entartet, muß am historischen Anfang dieser unsere gesamte Gesellschaftsform kennzeichnenden, ebenfalls für Deine pesönliche Tragödie verantwortlichen pathogenen Phänomene ein "Ur-Irrtum" des Geistes der Urmenschheit angenommen werden. Infrage für uns Abendländer käme der urmenschliche Geist in den Kontexten der Sumerischen Megalithkultur, der zwar ganz Mesopotamien ("Eden") zu einem Großgarten umgewandelt hatte, freilich ab einem bestimmten Punkt dieser Entwicklung auch auf die fatale Idee kam, darin 'paradiesische' Kleingartenparzellen zu installieren, in denen er jeweils 1 Mann und 1 Frau versperrte. Sämtliche Mythen aller Kulturen weltweit, die von solch einem traumatischen Ereignis berichten (die "Einführung der Monogamie"), verkünden zugleich von dem (scheinbar) gleich darauf ausbrechenden Leiden auf Erden. So auch in Griechenland, anlässlich Epimetheus' Verpaarung mit Pandora - eine wie Eva ausdrücklich künstlich hergestellte Frau... Adam als mit dem 'Geist' der naturfeindlichen Gebote des Dekalogs 'psychisch' behauchter Erdenklos ['Physis'] ist nicht besser...


Sind wir mal ehrlich, es gibt schon viele Faktoren in der Gesellschaft, die dazu führen, dass man (auto)aggressiv wird. Man braucht eine enorme Frustrationstoleranz im Umgang mit den Mitmenschen. Sei es auf der Arbeit, im Straßenverkehr, etc. Wenn man die Wut nicht an anderen auslassen kann, so wendet sie sich gegen einen selbst. Ist man immens angepasst und will immer lieb KInd sein, so ist aus meiner Sicht die Gefahr größer, dass man mit sich selbst irgendwann im Unreinen ist!


Ich denke das habe ich verstanden. Es geht hier um dem Urtyp der Weiblichkeit - auch auch um die Physis und nicht nur um die psychologischen Eigenschaften. Wobei ich mir mit dem Begriff der "artgerechten" Weiblichkeit" schwer tue. Denn es gibt für mich nur bedingt eindeutig weibliche und eindeutig männliche Unterschiede. Die vor allem aber in der Physis zugrunde liegen
Nun, was genau das Wort "artgerechte Weiblichkeit" bezeichnet, können wir anhand Deines Traumes und bisherigen Freien Assoziationen kaum erahnen; wir wissen aus ihnen lediglich, dass sie wohl mit dem Phänomen der sexuellen Vermehrung zu tun habe (die Sache mit den Bienen und Blumen). Wie gesagt, das erscheint mir Deinem Traum gemäß als ein bis auf weiteres hinten an zu stellendes Thema, weil er - denke ich - tiefer hinab führt, zu den seelischen Grundlagen, auf denen sich dann nicht nur die naturgemäße Weiblichkeit entwickelt, bzw. - soll. Ohne das Fundament der von den Dornen symbolisch angezeigten "Wehrhaftigkeit" im Kontext des zur Analphase erwachenden Eigenwillens, wird man zu einem Bürger (fügsamen Arbeitsfaktor) unserer patriarchatischen Gesellschaft, unmöglich zum (eigentlichen) Homo sapiens.

Gegen Deine Verankerung des Unterschiedes zwischen Naturfrau und -mann auf der Physis hätte ich vorerst insofern keine Bedenken, als dass die von den Denkern unserer instinktverarmten Gesellschaftsform seit je her gesetzte Grenze zwischen 'physischem' Leib (Natur) und 'psychischem' Geist (- mitsamt seiner Leistungen auf den Gebieten der Kulturen und Zivilisationen) als gegenstandlos erachtet werden kann. Die Seele als synthetischer Begriff lässt sich zwar philosophisch nach ihren zwei inneren Aspekten oder Sichtweisen auf "das Selbe" separieren (- eine Leistung des analytischen Denkens), es führt aber zu nichts Gutem hin, Leib und Geist als autonom Existenz-befähigte "Entitäten" verstehen zu wollen. Die Psychoanalyse hat die mehrtausendjährig instinktlose Diskussion in der Kirche über das sog. Leib-Seele-Problem mitsamt Dämonisierung der zudem als geistlos discreditierten Natur ein für alle Mal zu den Akten befördert...


Dennoch bleibt der Mensch für mich ein Geisteswesen mit der Fähigkeit Verantwortung für sein handeln zu übernehmen und mit einer Seele und einem Gewissen als "innerer Ratgeber".

Eine zweite Überschrift fällt mir noch schwer. Da könnte ich nur komplett rational antworten und etwas konstruieren. Ich glaube aber, dass ist nicht hilfreich.
Das wissen wir noch nicht, aber die Psychoanalyse hegt von Natur aus großes Mißtrauen gegen das, was man genügend oft nur allzugerne glauben mag. Da das Über-Ich der Familienopfer grundsätzlich instinktfeindlich konditioniert wird - aus dem selben Grunde dazu neigt, die aus der Sicht seiner moralisch geprägten Inhalte 'zu heiklen' Einfälle wegzuzensieren bevor sie die Schwelle zum Bewusstsein überschreiten und sonst dem Ich allerlei Rationalisierungen einzusuggerieren, solltest auch Du Deinen Glauben nicht ohne weiteres ernst nehmen. Entscheide Du selbst: wenn Du beim Arzt bist, kannst Du auf seine Bitte hin die Hose runterlassen, Dir zur Sicherheit vorher aber auch die Frage stellen, welchen Zweck es haben könnte, zu denken, dass man anbetrachts eines eklatanten Unrechts (Sinn-entleertes Haus bzw. Ich-Bewusstsein) "nur komplett rational antworten" kann. Im Grund stellt dieser Einfall durch sein impulsive komplett eine gültige Überschrift dar, aber ringen um mehr Gefühl müsstest Du trotzdem können. Glaube kann Berge versetzen, so oder so... :-)


Mit etwas Abstand und nachdem ich nochmal in mich reingehört habe, kann ich durchaus eine zweite Überschrift nennen. Aber vorab die Frage: "Warum soll ich die Hose runter lassen bzw. wofür brauchst Du die?"

Die Überschrift wäre "Stille am Morgen" - frage mich aber bitte nicht, warum ich das gerade damit assoziiere. Es ist mein Empfinden, wenn ich an diesen Traum denke.

Braun: Was verbindest Du mit dieser Farbe von Grund auf; wo oder an was kommt sie vor und in welchem Zusammenhang könnte solch braunes Material mit den Fliesen als solchen (auch in der Farbe Weiß) stehen:


Braun steht für mich für Erde und Vergangenheit. Ich assoziiere damit eher neutrale Gefühle. Braun hat was Warmen, es ist aber keine schöne Farbe - eher etwas trist.

Wie Du siehst, es tauchten in Deinen Freien Assoziationen einige neue Symbole auf, ganz zuletzt sogar das Spielen. Nimm es Dir im weiteren als erstes vor, indem Du beschreibst und definierst, was für ein Verhalten dies ist und wozu es dient:



Mir fiel auf: im Kontext der Fliesen wurde das Wort "spielen" entfernt ('aus Versehen' ausgelassen), das hat Evidenz. Ok, nimm Dir zur Sicherheit auch das Symbol Rolle vor: Was ist das und wozu ist es gut und wie verhält sich das gemeinte Tun zum (Kinder-)Spiel?


Spielen ist für mich erforschen, ein Mittel gegen Langeweile, um Neues zu entdecken. Um sich Fragen zu stellen, die man dann selbst im Experiment beantwortet. Spielen ist aber auch Gesellschaft und manchmal auch Streiterei, wer denn nun gewonnen hat!


Im nächsten Schritt versuche rauszubekommen, was die sog. Vorteile sein mögen, ein Kind auf Kacheln spielen zu lassen; wer hat was davon?
Betrachte Dir dafür deren Material nochmal genauer, denn das Attribut der Festigkeit ist sehr allgemein, insofern z.B. ein Fußboden aus hellgebeizten, ansonsten nicht weiter behandelten Brettern nicht weniger geeignet sein könnte (u.U. sogar besser), das Gewicht eines Menschen oder die Stöße z.B. fallender Gegenstände zu vertragen.


Wie gesagt: Aus Sicht meiner Eltern war ich ein ziemlicher Rabauke. Auf den Fliesen konnte ich nichts anstellen oder kaputt machen ;)
Ein Holzboden verkratzt, aber man kann ihn leichter reparieren (einfach abschleifen). Fliesen brauchen länger bis sie brechen, aber wenn sie kaputt sind, dann ist es schwieriger sie zu reparieren: Erstens braucht man eine passende Fliese aus der selben Charge, zweitens muss man die alte ausfräsen und erst dann kann man die Neue einfügen und die Fugen ausspachteln.

Welche Art Boden fände sich im Vorgarten konkret, welche Farbe hat dieser Stoff und in welcher Beziehung steht er zu den Wilddisteln:


Im Vorgarten selbst war normale Erde, vielleicht war der Boden etwas sandiger als "normal" - aber das war in der Realität auch so. Der Hof,der am Vorgarten vorbei führte, der war aus Betonsteinen und auch das entsprach dem reellen Zustand.

Kannst Du Dich erinnern, im Garten gespielt zu haben?


Ja, es gibt sogar Fotos davon. Die ich mir wie gesagt in letzter Zeit immer wieder anschaue. Und auf diesen Fotos ist der Garten auch tatsächlich halb verwildert!


Kann ich auch noch nicht abschätzen, fast hätte ich geglaubt: das ist egal. Aber da die neuen Besitzer eine "Freie Assoziation" sind (ein neues Symbol) vertiefe auch sie. Lass', wenn Du keine konkreten Infos hast, Deine Phantasie spielen, aus welchen Gründen sie die Fliesen entfernt haben, portraitiere die Charaktere dieser Personen und überlege, womit sie die Fliesen ggf ersetzten:


Die Fliesen waren unmodern und haben ihnen bestimmt nicht gefallen. Es war halt ein temporärer Geschmack dem meine Eltern aufgesessen sind!

Viele Grüße
Milky
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Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon plush » 22.07.2016, 23:36

Liebe Milky!

Welche Art Boden fände sich im Vorgarten konkret, welche Farbe hat dieser Stoff und in welcher Beziehung steht er zu den Wilddisteln:

Im Vorgarten selbst war normale Erde, vielleicht war der Boden etwas sandiger als "normal" - aber das war in der Realität auch so.

Wenn man noch nicht besonders vertraut ist mit der Methode des "Freien Assoziierens", dann fehlt einem die Vorstellung, dass der Analytiker sich seine Fragen sehr genau überlegt, und bietet Einfälle, die in gewisser Weise ins Leere laufen. Dies hängt mit der allgemeinen Inneren Situation der Träumer zusammen (nicht zuletzt den sich gegen den ES-Wille wendenden sog. Abwehrmeachismen), wobei die Besonderheit Deines Traumes freilich ist, dass er die "Leere" (im Kontext der methodisch instinktarm gemachten 'Sozialität' unserer Gesellschaftsform) ausdrücklich thematisiert.

Ich glaube, unserer bisheriger Versuch hier könnte Dir einen ungefähren ersten Eindruck über die Arbeitsweise der Psychoanalyse vermittelt haben; vielleicht motiviert er Dich, Dein Ringen um Selbsterkenntnis in mündlich fortgesetzten Sitzungen effektiver zu gestalten.

Dir herzlichst alles Gute!
Dein 'P'.
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Re: Träume ständig vom Elternhaus

Beitragvon Milkyway » 29.07.2016, 03:17

Lieber plush,

vielen Dank für die Anregungen. Ich konnte einiges mit raus ziehen und denke, dass ich ein Stück weiter bin. Ich glaube, ich habe grundsätzlich verstanden, um was es in den Träumen geht. Ich werde noch ein Weilchen in den anderen Beiträgen mitlesen, um weitere Anregungen zu bekommen und die Arbeitsweise besser zu verstehen.

Auch nochmal Danke an die Anderen Foristen für deren Beiträge.



Liebe Grüße
Milky
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