Worin bestünde Deines Erachtens der zu entrichtende Preis, wenn das, was sie sich - aller beschönigenden Illusionen entledigt - einhandeln durch den Gehorsam an Eltern, Gott und den Staat, Unterdrückt-Sein darstellt? Der Logik nach müsste er aus Freiheits- und Sinnverlust bestehen, aber sag Du selbst, was Du vermutest.
Nein, ich glaube nicht, dass man sich sinnlos fühlt, wenn es keine Regularien gäbe. Der Anspruch an die Selbstregulation und eigene Ethik ist da höher. Aber warum sollte das sinnlos sein? Ich sehe gerade den Sinn darin, die Regeln nicht unbedingt einzuhalten. Ich muss es mit mir vereinbaren können. Das ist alles was ich muss. Ich glaube nicht, dass ich den Sinn in einem strukturierten und auf oktroyierten Tag sehe. Der eigene Sinn geht doch eher dann verloren, wenn ich immer das mache, was "Andere" von mir erwarten. Wessen Leben lebe ich dann?
Das eines Erziehungsopfers, bzw. gut domestizierten, einem fremden System sklavisch ergebenen Lebewesens. Es ist aber auch so, dass ich mich etwas undeutlich ausgedrückt habe, denn ich meinte es gerade umgekehrt, als bei Dir ankam (wenn ich es richtig verstehe). Also ungefähr eben so, wie Du es ab dem "Nein" ausführst: dass man durch die Regularien, die einem die Eltern in wiederum ihrem Gehorsam an den christlichen Gott oder säculären Staat auferlegen, unterdrückt würde, und dass der Preis, den die Opfer für ihr ihnen abgepresstes Gehorsam an diese Regularien zu entrichten haben, aus Freiheits- und Sinnverlust bestehe, ungeachtet der Tatsache, dass die meisten bis an ihr Lebensende keine Gelegenheit finden werden, ihre zutiefst verknechtete Situation zu realisieren. 'Gelungene' Domestikation geht immer einher mit der Errichtung mächtiger Illusionen, die dem betroffenen Ich-Bewusstsein ermöglichen, sich's in seinem Kerker gemütlich zu machen. An dessen Mauern kann der Verstand nicht ohne weiteres rütteln - überhaupt nicht, ohne die Erforschung des Dark Continents im "Unbewussten". Statt dessen flüchtet er sich manchmal auf die Bastion der "reinen Vernunft", im Unterschied etwa zu den sog. Empiristen, die den Homo sapiens als von Natur aus "instinktverarmtes" Geschöpf definieren (These der Tabula rasa/ des zu Beginn noch aus geistlosem Lehm bestehenden Adams), weshalb jeder Kirchen- und säculärer Staat die Pflicht habe, den Menschen seine Regularien ins Gewissen zu gravieren/ s.a. die "Behauchung" des keramischen Adams mit dem die 10 Gebote implizierenden Odem Jehovas)...
Nun, meinem Eindruck nach stehe ich mit Betrachtungen dieser Art dicht davor, in eine viel zu allgemeine Gesellschaftskritik abzugleiten; darum möchte ich mich ab jetzt direkt mit Deinem Traum, bzw. Deiner darin abgebildeten inneren Situation befassen:
Dafür gehe ich von der Annahme aus, dass der
Vorgarten ein Symbol Deines mit Inhalten der instinktfeindlichen Regularien erzogenen "Über-Ichs" darstellt (auch "Gewissen" genannt), insofern Du - als das "Ich-Bewusstsein" des Gesamtorganismus - den Dir aus solchen Prägungen einsuggerierten Impuls verspürst, die Disteln auszureissen, mit dem Argument, sie seien
Un-kraut, das wegen seines somit negierten Dranges zum Wildwuchs im sog. kultivierten Gartenbereich (erzogenes Über-Ich/ Gewissen) nichts zu suchen habe.
In der Symbolik des Dein 'vorbewusstes' Über-Ich von Unter- oder Außerhalb her zu überwuchern 'drohenden'
Wildwuchses vermute ich dann eine Meldung Deines 'unbewussten' "Es", und zwar verbunden mit den an sein Ich addressierten Forderungen, sich bewusst für das wehrhaft machende Souveränitätsbedürfnis (
Dornen) und die darauf gegründete, ebenso instinktgeleitete Weiblichkeit (
Blüten) einsetzen zu sollen, so würde die Gewächse auszureissen bedeuten, sowohl die im Es verankerte Bestimmung Deines Daseins als Frau, als auch die Freiheit gewaltsam ins Unbewusste wieder zu verdrängen. Auf diese vorbewusst destruktive Weise agieren alle Kinder, sobald die Inhalte der ihnen von ihren Eltern "gut gemeint", nichts destotrotz jedoch offen oder subtil gewaltsam implantierten, gottes- und staatskonform züchtenden Erziehungsregularien begannen, sich mittels des Phänomens der neuronal-synaptischen "Prägung" ins Über-Ich einzunisten.
Solch Verhalten ist immer "auto-destruktiv" zugleich: feindselig ebenso gegen das eigene, wie auch das Es der unterlegenen Kinder, sonstigen wehrloseren Haustiere, Untertanen, Bürger... Die Psychoanalyse bezeichnet diesen Vorgang als Beginn der "Rollenumkehrt": der Wechsel vom Erziehungsopfer hin zum Erziehungstäter...
7 Jahre, als das Kind schon
nicht mehr ganz klein ist, das Ende der um das 5. L.j. beginnenden Genital- bzw. den Anfang der Latenz- oder Dornröschens-Schlafphase kennzeichnend, stellt das Alter dar, ab dem diese Prägungen sich irreveribel verfestigen. Jüngere Kinder hätten es entsprechend wesentlich leichter, von den zuvor oktroyierten Erziehungsschäden zu genesen, d.h. sofern sie hierfür Gelegenheit geboten bekämen. Das ist in unserer patriarchatischen Gesellschaft nirgendswo der Fall, im Gegenteil...
Soweit mein Versuch, mit einer Interpreration Deines Traumes konkret zu beginnen. Überlege bitte, ob und bis wo Du dem Versuch folgen kannst oder nicht, und welche möglichen Fragen, andere Anregungen zur Korrektur oder sonst Vertiefung sich Dir aus meiner Deutungshypothese ergeben.
Mit dem abschließenden Teil des Traumes, auch der Frage, in welcher Beziehung Dein Freier Einfall bezüglich des
Kategorischen Imperativs mit dem Inneren des symbolischen Elternhauses stehen könnte, werde ich mich befassen, sobald ich das Gefühl habe, wir seien über den Anfang ungefähr einig geworden.
der Verstand ist der einzige Weg, Lücken zu finden, die einem etwas Freiheit ermöglichen.
Du wirst sehen, sie ist nur ganz oder gar nicht machbar. Freiheit duldet keine Kompromisse.
Ich freue mich nun sehr auf Deine kritische Stellungnahme!
Mit einem herzlichen Gruß,
Dein Plus