Schmaus hat geschrieben:Die Theorie von den Entitäten finde ich spannend, aber deswegen nicht weniger, ähm,... naja, nett ausgedrückt, hanebüchen (was ein Wort).
Ich musste "hanebüchen" erstmal nachschlagen.

So sehr an den Haaren herbei gezogen ist die vorgestellte Auffassung auch wieder nicht, zumindest nicht hanebüchener, als die Vorstellung der Materialisten, die versucht, jedes Phänomen mit materiellen Mitteln zu erklären, also z.B. eine Entsprechung im Gehirn zu finden. Im Englischen gibt es dafür den Begriff "Scientism".
Wie ich schon sagte, relativiert die Erfahrung anderer Realitäten die Betrachtung des Jetzt als einzig "reale". Wie in anderen Realitäten ist es unmöglich, etwas über das Jetzt auszusagen, das nicht eine Interpretation der Wahrnehmung ist und Wahrnehmung ist rein subjektiv. Wer schon mal Klarträume, AKEs, NDEs oder Erlebnisse mit bestimmten Entheogenen hatte, wird das gut nachvollziehen können. Meist führt ein solches Erlebnis dazu, dass man sein bestehendes Weltbild über Bord werfen muss, was sich mitunter vorübergehend traumatisierend auswirkt.
Allein Klarträume sind überhaupt nicht mit regulären Träumen vergleichbar und die Wahrnehmung ist bei Bewusstsein mindestens so klar, wie im Jetzt, manchmal auch klarer. Lediglich die physischen Eigenschaften sind anders und die Kohärenz scheint geringer, lässt sich jedoch durch Fokussierung erhöhen. Man könnte das Jetzt auch als superkohärenten Traum ansehen. Der Blick auf das, was wir als "aussen" empfinden, ist eher ein Blick nach "innen". Es gibt z.B. kein Licht ohne Betrachter, denn Licht ist eine Illusion basierend auf Photonen, die einen Reiz ausüben, genauso, wie Farbe eine Interpretation eines solchen Reizes ist. Das gleiche gilt für alle anderen Formen der Wahrnehmung. Als Konsequenz ist es also gar nicht möglich, irgendeine zutreffende Aussage über eine äussere, materielle Welt zu treffen, auch nicht, indem man versucht, einen Zusammenhang über die Sinnesorgane herzustellen, weil alles, was man über diese zu wissen meint, ebenfalls auf der illusorischen Wahrnehmung basiert. Dies schliesst das Gehirn mit ein. Ob das, was man allgemein als materielle Welt bezeichnet, Ursache unserer Wahrnehmung ist oder Ausdruck des Geistes, wie Du es genau betrachtest willkürlich für Träume unterstellst, ist nicht bestimmbar. Das Jetzt und das Dort mögen qualitative Unterschiede ausweisen, doch in beiden Fällen ist man auf die Wahrnehmung beschränkt. In beiden Fällen wird der Apfel aussehen, wie er aussieht, sich anfühlen, wie er sich anfühlt und ebenso riechen und schmecken. Wo willst Du nun ein Kriterium für real und illusorisch ansetzen? Nur, weil Du noch nicht aufgewacht bist, heisst das noch lange nicht, dass das Hier mehr darstellen muss, als ein Traum oder andersherum, der Traum weniger als das Jetzt. Es soll wohl einige Menschen geben, die aufgewacht sind. Der Buddhismus basiert darauf.
Natürlich ist jede Aussage reine Spekulation. Wenn man wirklich konsequent sein will, muss man jede Möglichkeit gleichermassen einräumen und darf sich nicht festlegen. Es gibt dann kein richtig oder falsch mehr, es gibt nur noch gleichberechtigte Möglichkeiten.
Schmaus hat geschrieben:Das Gehirn produziert in den vielen kleinen Synapsen im Schlaf Bilder und Gefühle, weil der Schlaf dem Gehirn quasi einen Freifahrschein zur Eigenbeschäftigung gibt. Es wird nicht mehr abgelenkt durch bewusste Gedanken, äußere Einflüsse etc. Also arbeitet es munter vor sich hin. Und manchmal kann man eben nichts damit anfangen, was es so arbeitet.
Das hast Du schön gelernt und wiederholt, aber das ist reine Spekulation, auch wenn sie populär ist. Es gibt einen Grund, warum die Philosophie eine Existenzberechtigung hat, die weit über die Wissenschaft hinausgeht.
Schmaus hat geschrieben:Das ist ähnlich, wohl gemerkt nicht gleich, wie bei einer Saftpresse. Man füllt bestimmte Obstsorten ein, und dann denkt man natürlich, der Saft schmeckt nur nach diesen, allerdings kann es immer auch sein, dass die Saftpresse nicht richtig gereinigt wurde, und somit noch andere Geschmacksstoffe in der Presse sind, die dann auch mit in den Saft kommen. Außerdem weiß man im voraus nicht, wie gut oder schlecht die speziellen Früchte sind, die man verwendet. Ist beispielsweise ein Wurm mit drin, schmeckt der Saft natürlich anders.
Das ist eine typisch materielle Darstellung: Der Mensch als Maschine, in Deinem Fall eine Saftpresse. Siehst Du Dich wirklich so?
Zum Glück stösst dieses Erklärungsmodell schnell an seine Grenzen und dank der modernen Physik bröckelt das von Anfang dieses Jahrhunderts stammende materialistische Weltbild nach und nach weiter ab. Es ist bezeichnend für das Industriezeitalter, das Zeitalter der Maschinisierung, der Gleichschaltung, der Bürokratie, der Betrachtung des Menschen als wirtschaftliche Funktionseinheit und einmal verinnerlichte Auffassungen sterben leider nur langsam, oft nur im Wechsel der Generationen. Das gerade mal angebrochene Informationszeitalter wird geprägt sein von der subjektiven Natur der Informationen, bis man nicht mehr weiss, was man überhaupt noch glauben kann.
Vielleicht ist der menschliche Körper eine Maschine, aber ist er Ursache oder überhaupt Sitz des Bewusstseins? Das würde meinen empirischen Erfahrungen überhaupt nicht entsprechen, aber man kann natürlich alles als Halluzination abtun, was nicht in das Weltbild passt.
Schmaus hat geschrieben:Von außen kann man manche Sachen viel eindeutiger wahrnehmen, [...]
Das entspricht in etwa dem, was ich mit Relativierung der Realität meine. Die meisten Menschen stecken zu tief in dem anerzogenen Weltbild und ihrer materialistischen Anschauung fest. Eine durchaus mögliche Betrachtung von "aussen" kann da recht heilsam sein.