Hallo Jane,
ich möchte auch noch was schreiben, weil ich nicht nachvollziehen kann, dass der Traum Auskunft über einen "fremden Mann" oder "Traummann" geben soll.
Ich betrachte den Traum vor allem "subjektstufig", eine solche Deutung geht davon aus, dass es immer um Anteile von Dir geht, die in jeweils unterschiedlicher Gestalt oder unterschiedlicher Symbolik auftauchen.
Demnach hast du einen versöhnlichen Kontakt zu deinem inneren Vater hergestellt. Was mag der Inhalt des Briefes sein, der deinen "Vater" zu Tränen rührt? Eine starke emotionale Bindung ist wieder hergestellt.
Zuvor war von einem "Hausflur in einem (dir) unbekannten Haus" die Rede, dein Seelenraum, der dir noch fremd ist. Aber ich vermute, dass du dich spätestens mit den Tränen deines "Vaters" heimischer fühlst. Auch bist du das Kind, dass deine innere Mutter trägt. Es folgt in der Handlung der Ruf des Traum-Ichs nach Papa.
Du hast dich soweit geöffnet, deine Sehnsucht nach ihm zugelassen, dass dein Ruf erhört wird. Vor allem, ich wiederhole mich, hast du in der inneren Auseinandersetzung mit deinem Vater (der Brief) die Bereitschaft gezeigt, deinen "Papa" wieder liebevoll anzunehmen. Der Brief ist der Türöffner.
Allerdings würde ich nicht wie die "Patriarchin" so weit gehen und behaupten, dass "zwischen dir und deinem Vater (bzw. Vaterbild) endlich wieder alles in Ordnung ist".
Für mich ist eine Ambivalenz spürbar, viel Liebe zwar und eine große Freude des Wiedersehens, aber irritierend, dass er die Tür hinter euch schließt. Das hat was von "Ausschließlichkeit", du bist sein, er hält dich von der Mutter und dem Kind fern. Deuten würde ich es so, dass diese Liebe auch eine besitzergreifende war. Das innere Kind hat keine Anteil, warst du real der Liebling deines Papas, hat er dich auch seiner Frau gegenüber vorgezogen? Und hast du in seiner Gegenwart zuwenig Kind sein dürfen, wegen einer unterschwellig erotischen Komponente?
Wenn ich in meinen Überlegungen weitergehe, könnte ich vermuten, dass du sozusagen von deinem inneren Vaterbild "besetzt" bist. Du bist so sehr von ihm eingenommen ("er umarmt dich ganz eng"), dass es dir im Wachleben schwer fällt, dich ganz und gar auf andere Männer einzulassen. Da liegt meineserachtens eine Fixierung vor, im Sinne von: "Papa ist doch der Beste". Andere Männer müssen den Vergleich mit ihm standhalten.
Fazit: Der Traum hat eine doppelte Botschaft. Er zeigt eine große Innigkeit zwischen deinem "Vater" (bzw. dem Bild von ihm) und dir auf, das fühlt sich sehr gut an, es ist tief berührend (Tränen). Andererseits macht der Traum darauf aufmerksam, sich aus der engen Vaterbindung zu lösen und die abgeschlossene Tür wieder zu öffnen. Vater- bzw. Mutterkomplexe bringen nur Ärger, vor allem in aktuellen Beziehungen.
Mag mich in meinen Vermutungen täuschen ...
Gruß
Jagna