Weite Reise.. einsam und ohne Farben?

Hier können sich Besucher untereinander Träume posten und helfen, diese zu deuten.

Moderator: Mirakulix

Symbole I

Beitragvon Leben » 16.10.2008, 16:05

Liebe Schokie,

ich persönlich glaube nicht, dass man ein Bild sehen und gar kein Gefühl dazu haben kann (und es dann obendrein im Traum verarbeitet). Aber das ist nicht so wichtig.

Heute habe ich eine große Aufgabe für Dich. Ich möchte Dich nun nach Deinen Assoziationen zu den folgenden Bildern fragen - und zwar ganz allgemein, ganz unabhängig von Deinem Traum:


langer Weg
nur für einen Tag
Bekannte
riesiger Bahnhof
Zug
Train to Nowhere
Zugfahrt ohne Ticket
Gleise, die ins Meer gehen
bei Helligkeit
im Dunklen
Flughafen
altes rostiges Flugzeug
dünner goldner alter Pfeil
Passagier
kühl und windstill
karge Landschaft
abgewetzte Klamotten
alte Straßen
Laternen
barfuß
Sandalen
kaltes Licht
Dorf
Stadtmauer


Viel Spaß und schöne Grüße,

Leben

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Re: Symbole I

Beitragvon Schokojunkie » 16.10.2008, 23:51

Leben hat geschrieben:Liebe Schokie,

ich persönlich glaube nicht, dass man ein Bild sehen und gar kein Gefühl dazu haben kann (und es dann obendrein im Traum verarbeitet). Aber das ist nicht so wichtig.

Heute habe ich eine große Aufgabe für Dich. Ich möchte Dich nun nach Deinen Assoziationen zu den folgenden Bildern fragen - und zwar ganz allgemein, ganz unabhängig von Deinem Traum:


langer Weg = viele aufgaben, geduld
nur für einen Tag= entgültig, einmalig
Bekannte = die personen die ich kenne, flüchtig
riesiger Bahnhof = ein platz, auf dem menschen von überall auf der welt kommen und gehen, als zwischenstation im leben
Zug= geschmeidiges fortbewegungsmittel, das scheinbar raum und zeit durchquert.
Train to Nowhere= ein weg der nirgendwo hinführt
Zugfahrt ohne Ticket= ungewissheit, angst, ständige wachsamkeit
Gleise, die ins Meer gehen= langsam verschwindender weg ohne genaues ziel
bei Helligkeit bei gewöhnlichkeit, alltäglichkeit
im Dunklen = außergewöhnlichkeit.
Flughafen = ort, an dem ein neuer weg beginnt ohne genaue gedanken um wiederkehr
altes rostiges Flugzeug= weg der schon lange auf einen wartet, birgt gefahren
dünner goldner alter Pfeil = weißheit, die immer den weg wusste
Passagier = offizieller gast eines neuen weges
kühl und windstill = situation, in der alles passieren kann
karge Landschaft = trodtlos, ohne aussicht auf überraschungen
abgewetzte Klamotten, der mensch der soe trägt hat eine lange aufregende geschichte hinter sich.
alte Straßen = in denen einmal viel los war
Laternen= wegweiser
barfuß= offen für alles was kommt
Sandalen = mit einem gewissen schtz unterwegs-
kaltes Licht = harte wahrheit
Dorf = jeder kennt jeden
Stadtmauer = schutz vor der außenwelt


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Schoki =)
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Symbole II

Beitragvon Leben » 19.10.2008, 00:58

Mensch Schokie,

das ist ja großartig!!! Das ist in dieser Hinsicht besser als alles, was ich bisher im Forum gelesen habe!!! Du hast echt Talent! Das scheint Dir ja ganz leicht von der Hand zu gehen!

Da kannst Du gleich fortfahren:

Tag
Nacht
ungehinderte Sicht
im alten Stil gebaut
ein Déjà-vu
jemanden führen
ein kleines altes Steinhaus
eine Seitengasse
Bonbons
ein Laden
zurück müssen
Veränderung von Gesichtszügen
eine Treppe
treppabwärts gehen
weißes Licht
ein unebener Weg
Papier
geschlossene Pforten
der Treffpunkt
rennen
langen Atem haben
seine Sachen vergessen
ein toter Flughafen
Schritte hören
die Luft anhalten
Putz
bröckeln
verblassen
Knie
auf die Knie gehen
das Bewusstsein verlieren
die Augen öffnen
ein Fenster
am Fenster stehen
aus dem Fenster sehen
eine Wohnung
ein wolkenloser Himmel
Kinder
Luft
Luftballons
durch die Luft fliegen
Stich
Stich im Herzen
eine Wiese
der Mund
der Mund öffnet sich
weiße Blumen
Tauben
davonfliegende Tauben

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Re: Symbole II

Beitragvon Schokojunkie » 22.10.2008, 20:52

Leben hat geschrieben:Mensch Schokie,

das ist ja großartig!!! Das ist in dieser Hinsicht besser als alles, was ich bisher im Forum gelesen habe!!! Du hast echt Talent! Das scheint Dir ja ganz leicht von der Hand zu gehen!

Da kannst Du gleich fortfahren:

Tag = Helles, gewöhnliches Leben. Alltag
Nacht = es kann alles passieren, die nacht birgt geheimnisse
ungehinderte Sicht =klares vorrausschauen in die Zukunft
im alten Stil gebaut = Alte Dinge, die sich nicht ändern
ein Déjà-vu = etwas schonmal gesehen/erlebt haben
jemanden führen = das Vertrauen eines anderen Menschen gewonnen haben
ein kleines altes Steinhaus = ort der Geborgenheit, der aber auch kälte , dunkelheit und Einsamkeit ausstrahlen kann
eine Seitengasse = ein abschweif aus dem Alltag
Bonbons = bunte dinge die einem das leben versüßen
ein Laden = etwas, wo man sachen kaufen kann die von alleine nicht kommen
zurück müssen = den weg den man hinter sich gelassen hat zurückgehen und nochmal starten.
Veränderung von Gesichtszügen = Zeichen der Zeit, Bewegung im Vertrauen
eine Treppe= schwieriger weg nach oben
treppabwärts gehen= in ein loch fallen
weißes Licht = kalte wahrheit, ohne maske
ein unebener Weg= ein neues ungewisses lebensziel
Papier= etwas worauf man schreiben kann und sehr lange hält
geschlossene Pforten = etwas hat seinen dienst aufgegeben, aus undefinierbaren gründen
der Treffpunkt= ein ort an den man immer wieder kommt, ist mit erinnerungen verbunden
rennen= davonlaufen vor einer unangenehmen sache
langen Atem haben= viel ausdauer und lebensmut
seine Sachen vergessen= nicht klar mit dem kopf bei der sache sein
ein toter Flughafen = ein ort, den man ab und zu im leben braucht, aber nicht mehr von bedeutung ist
Schritte hören = bereitmachen auf unbekanntes / Panik kriegen
die Luft anhalten= warten auf einen besseren augenblick
Putz= fassade, die alles zusammenhalten soll wie es mal war
bröckeln= langsam, stück für stück kaputtgehen
verblassen = nicht mehr gut erinnern können, nicht erneuert werdende sachen

Knie= stützpunkt
auf die Knie gehen seinen stützpunkt verlieren
das Bewusstsein verlieren = unbewust oder bewusst aufgeben
die Augen öffnen= klares denken / in die augen der wahrheit sehen
ein Fenster = ein blick nach draußen, wie es ist / wie es sein könnte
am Fenster stehen = sehnen nach traumleben
aus dem Fenster sehen s. o.
eine Wohnung = ein ort der zuflucht
ein wolkenloser Himmel = klares, heiteres leben
Kinder = unschuldige, sorglose wesen
Luft = immer da, kann man aber nicht sehen
Luftballons= in stück von etwas dabeihaben, was man sonst nicht sehen kann
durch die Luft fliegen = sorglos, frei
Stich = erinnern an das aktuelle oder vergangene leben
Stich im Herzen s. o.
eine Wiese = ort der freiheit und freude
der Mund = lippen zum küssen
der Mund öffnet sich = eine wichtige nachricht wird gesprochen
weiße Blumen = zeichen der treue/ liebe, frische
Tauben = geschöpfe der Ehe, der freiheit
davonfliegende Tauben
s.o.



deine schoki<3
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Deutung

Beitragvon Leben » 12.11.2008, 00:48


Liebe Schokojunkie,


nie in den letzten sechs Monaten, welche mich das Forum kennt - und ich umgekehrt das Forum kenne, hat jemand so intensiv an der Deutung seines Traums mitgearbeitet wie Du an diesem hier. Darum stellt meine heutige Deutung in gewisser Hinsicht ein Experiment für mich dar: Ich werde Deinen Traum mit der Übersetzungsformel Deiner eigenen Symbolik deuten! Und ich habe mich entschieden, da so vieles an der Deutung ohnehin von Dir selbst kommt, dabei bei der Ich-Form zu bleiben. Also, sieh selbst, wie stimmig Du meine Deutung findest und inwieweit Sie Dir zuspricht:
      Weite Reise zum geliebten Freund in Amerika

    - DAS VORHABEN
    - ERSTE RÜCKSCHLÄGE
    - AUFBRUCH ZUM FREUND
    - DIE ZUGFAHRT (Überbrücken und hinter sich Lassen von Erinnerungen und Vertrautem)
    - DER FLUG
    - DAS TREFFEN
    - DER GEMEINSAME WEG ZU IHM (auf dem wir alles nochmal im Schnelldurchlauf erlebten, was uns so sehr verband)
    - BEI IHM (am Ende der Zeit)
    - DIE TRENNUNG
    - DER WEG ZURÜCK ZU MIR
    - DER ZWEITE AUFBRUCH (Déjà-vu)
    - DIE ENTTÄUSCHUNG oder das bittere Ende
    - Stich im Herzen und DAS SCHÖNE WUNDER
Einen Freund von mir empfand ich als ganz weit entfernt. Es kam mir vor, als hätte ich ihn schon ewig nicht mehr gesehen, Jahre schienen seit unserer letzten Begegnung vergangen zu sein. Ich brannte aber vor Sehnsucht nach ihm und beschloss darum kurzerhand, die große Distanz zwischen uns zu überbrücken. Ich wusste, dass das viel Geduld und Kraft von mir verlangen würde und dass ich viele schwierige Aufgaben zu lösen und Hürden zu überwinden haben würde. Diese Schritte auf ihn zu sollten ein einmaliges und endgültiges Unterfangen werden!

Mit Freude und guter Hoffnung ging ich daran, mein Vorhaben durchzuführen. Ich sah mich um, wer mir unter den Personen, die ich kenne, beistehen könnte, doch ich musste enttäuscht feststellen, dass niemand bereit war, mich bei diesem besonderen Schritt zu unterstützen. (Wieso? Hatten sie Angst, und wenn ja, wovor genau? Hatten Sie Angst vor dem Neuen, was da auf mich und alle um mich herum zukam? Oder hielten die Anderen einfach nichts von meinen Plan? Und wenn es so war, was waren die Hintergründe ihrer Ablehnung? Oder war das ein Weg, den man eben alleine gehen musste, war man das erste Mal im Leben vor eine Aufgabe gestellt, bei deren Bewältigung man ganz auf sich allein angewiesen war?) Ich hätte Begleitung jedenfalls gut gebrauchen können, und dass niemand mir diese gewähren konnte oder wollte, schlug mich etwas nieder.

Trotzdem ließ ich mich nicht wirklich entmutigen, sondern nahm, auf mich allein gestellt, aber das Ziel fest vor Augen, den beschwerlichen Weg auf die Person meiner Sehnsucht zu, auf.

Ich ließ alle Erinnerungen und alles Vertraute hinter mir und wagte mich hinaus ins Fremde. Wie könnte ich die unglaublich weite Distanz zu dem vom mir so vermissten, geliebten Freund am besten überbrücken?

Zuerst suchte ich einen großen Bahnhof auf, wo mir alles fremd war: all diese Menschen, die Umgebung, einfach alles. Dies war der Platz, auf den die Menschen von überall auf der Welt her strömten und wieder auseinander gingen, ein Ort, wo alle Wege sich kreuzten; von hier aus würde ich gute Chancen haben, auch die Verbindung zu meinem Freund zu finden. Dieser Ort war die Zwischenstation auf meiner Hinfahrt zu dem ersehnten Freund, so wie diese ganze Angelegenheit vielleicht eine Zwischenstation in meinem Leben darstellte.

Ich wusste nicht genau, wie ich vorgehen sollte, ich wusste nur eines: mein Ziel war die Lebenswelt meines Freundes, nach dem ich mich so sehr sehnte. Mit einem Zug, diesem geschmeidigen Fortbewegungsmittel, das scheinbar Raum und Zeit durchquert,wollte ich ihn erreichen. Da stand ein Zug, auf dem "Train to Nowhere" stand. Train to No-where, also Zug ins Nichts? Oder Train to Now-here, also Zug ins Jetzt-hier? Was bedeutete die seltsame Aufschrift? Dass die Fahrt ins Nichts führen würde? Dass mein Plan ins Wasser fallen würde? Oder dass mich der Zug ins Jetzt bringen würde, in einen Zustand des Jetzt-Hier-Seins, wie es von vielen gepriesen wird: nämlich im Hier und Jetzt zu leben, anstatt sich in irgendwelchen Träumen von der Zukunft zu verlieren...?
So zweifelhaft mir die Aufschrift auch vorkam, irgendetwas sagte mir, dass es trotzdem dieser Zug sein musste!

Das Gefühl der Fremde nahm im Zug noch zu. Es kam mir so vor, als käme ich von einem anderen Stern, und die Menschen um mich herum könnten mich nicht verstehen. Umso weiter ich mich von mir oder meiner gewohnten Umgebung entfernte, um dem Freund näher zu kommen, desto fremder wurde mir alles. Die Reise zog sich, außerdem war mir unwohl, da ich ohne Berechtigung drauflos fuhr. Ungewissheit, ständige Wachsamkeit und Angst prägten die Fahrt, bis die Reise tatsächlich ins Nichts führte: die Gleise verschwanden im großen Ozean - mein erster Anlauf war missglückt. Dieser Weg hatte kein genaues Ziel gehabt, jedenfalls kein erkennbares, das war vielleicht das Problem gewesen.

Die ganze Zugreise über war es heller Alltag gewesen; ich hatte auf gewöhnlichem Wege zu meinem Freund kommen wollen. Doch das hatte nicht ausgereicht. Am Boden verhaftet, in festen Bahnen war nicht bis zu ihm zu gelangen, ich durfte nicht weiter der Erde anhaften, sondern musste abheben, musste zu ihm fliegen!! Also machte ich mich im Dunklen, Mystischen, an einen Ort, von wo aus man außergewöhnliche Reisen unternimmt: der Flughafen. An Flughäfen haben schon viele neue Wege ohne genaue Gedanken um Wiederkehr begonnen!

Ein außergewöhnliches, altes, rostiges Flugzeug stand da. - Öffnete mir dies einen neuen Weg, der begangen zu werden vielleicht schon lange gewartet hatte, auch wenn er Gefahren barg? Oder handelte es sich vielleicht um eine veraltete Idee, der nachzugehen ich mich lieber hüten sollte? Ich hatte jedoch gar keine Zeit, mir Sorgen um den rostigen und eventuell altersschwachen Zustand des Transportmittels zu machen. Ein Pfeil in meinem Kopf zeigte direkt auf das Flugzeug, und ich wusste, dass ich auf diesen ältlichen, dünnen, goldenen Pfeil hören musste, denn er entsprang jener Weisheit, die immer den richtigen Weg wies.

Also stieg ich ein. Ich war der einzige Gast – und ich war diesmal nicht ohne Ticket, sondern offizieller Fahrgast. Erst waren die Bekannten um mich weggebrochen, nun auch die Fremden, wie sie mich noch am Bahnhof und im Zug umgeben hatten. Meinen neuen Weg hatte ich also wirklich völlig alleine zu beschreiten. Und so hatte ich denn auch Erfolg: nach ein paar Stunden kam ich tatsächlich in Amerika an!

Ich hatte das uns scheidende Meer glücklich überbrückt! Ich war nun in seinem Land. Doch ich stand ganz alleine auf dem Flughafen da. Ich ging los, ohne zu wissen wohin. Ich wusste nicht, wo genau er zu finden war, ob ich ihn dem Aussehen nach noch wiedererkennen würde. Ich wusste nur, dass er in in diesem Land wohnte. Ich lief und lief durch das menschenleere Amerika...
Gerade dort, wo ich nie eine Menschenseele erwartet hätte, kam er mir dann über den Weg gelaufen und er erkannte mich sofort. Wir freuten uns unheimlich, uns nach so langer Zeit endlich wieder zu sehen!

Doch wir standen ja irgendwo mitten in der Landschaft und waren noch nicht bei ihm!
War er mir eigentlich etwas entgegengekommen? Oder war er nur seiner Wege gegangen? Nun nahm er mich jedenfalls mit zu sich nach Hause. Zu seinem Haus in seinem Land!
Dieser Weg zu ihm war wie ein nochmaliges Erleben all dessen, was uns verband und was wir im Leben schon gemeinsam erlebt hatten!
Wir beide, ganz allein, zogen im geheimnisvollen Dunkeln, wo alles passieren konnte, quer hinauf durch sein menschenleeres Land. Es war angenehm kühl und windstill, auch diese Umstände ließen mich fühlen, dass jeden Moment alles passieren konnte, und das war aufregend.
Man konnte mehrere Meilen nach vorne schauen, ohne dass die Sicht gehindert wurde, sprich man konnte klar in die Zukunft schauen.
Der Weg schien gar kein Ende mehr zu nehmen, und ich wurde zunehmend vom Laufen erschöpft. Außerdem stimmte mich die menschenleere und karge Landschaft nun trostlos. Jetzt dachte ich im Gegenteil, in solch einer Landschaft gäbe es kaum eine Aussicht auf Überraschungen...
Meine Klamotten und seine waren leicht abgewetzt; wir trugen beide eine lange, aufregende Geschichte hinter uns. Er war Barfuß, also schon lange nicht mehr gereist, aber auch offen für alles, was kommt; ich hatte abgewetzte Sandalen an, die erkennen ließen, welch lange Reise sie nun schon hinter sich hatten, und die mir immer noch einen gewissen Schutz gaben.

Es gab Straßen, aber die waren alt, auf ihnen war einmal viel los gewesen, doch jetzt waren sie still und leer. Das fremde Land, sein Land bzw. das Land unserer Begegnung, war dunkel, geheimnisvoll, nur mit ganz vereinzelten Laternen, die als Wegweiser dienten. Ja, die Straßen waren und blieben leer, und das kalte Licht der Laternen warf die ganze, harte Wahrheit auf.

Lange Zeit später kamen wir an einen Dorf- oder Stadtrand. In dem kleinen Dorf, wo jeder jeden kennt, waren vereinzelte Lichter an, es war also bewohnt. Das Dorf war vor der Außenwelt geschützt durch eine Steinmauer, die einmal drumherum führte. Alles war alt an dem Örtchen: die Stadtmauer, die schwarzen großen Laternen, einfach alles. Hier hatte sich seit langem nichts mehr geändert - hier gab es Dinge, die sich scheinbar nie ändern würden! Es war hier eigentlich nicht wie in Amerika, sondern eher wie in Rumänien, es war alles noch fremder für mich. Und doch kam mir alles irgendwie auch so bekannt vor! Als hätte ich selbst hier gewohnt...

Mein Freund hatte mein volles, ganzes Vertrauen. Er führte mich zielsicher und gleichsam bedacht von den Wegen der Allgemeinheit abbiegend in eine Seitengasse zu einem kleinen alten Steinhaus, einem sehr geborgenen Ort, der aber auch eine Spur kalt, dunkel und einsam war. Er wusste ganz genau, wohin wir gingen. Wie er mich führte, war ganz gemächlich, es wirkte sehr behutsam, irgendwie weise von ihm.

Da ward es auf einmal helllichter Tag! Neben dem kleinen Haus war ein alter, traditioneller Bonbonladen. Ach, solch ein Laden, wo man Sachen erhält, die man nicht auf der Straße findet, bunte Dinge, die einem das Leben versüßen...

Wir gingen zu ihm hoch, doch da wurde es urplötzlich wieder unheimliche Nacht. So anstrengend und teilweise trist der ganze lange Weg mit ihm doch gewesen war, so hatte ich diesen doch genossen. Und dann in das heimelige Dorf zu treten und besonders den Bonbonladen im Lichte erstrahlen zu sehen! Da war meine Freude groß gewesen! Doch dieser letzte Schritt, die Treppe mit hoch zu kommen, so groß, so vollkommen mein Vertrauen in meinen Freund auch war, nein, jetzt war es mir mit einen Mal unheimlich geworden! Das war ein Schritt zu weit gewesen, langer Weg hin oder her. Ich war unvorbereitet hier. Ich war zu solch intimer Begegnung nicht bereit. Die plötzliche zu sehr geschrumpfte Distanz zu ihm verwirrte mich. Ich war nicht mehr klar im Kopf, war nicht mehr bei der Sache. Ich musste hier weg, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Wieder ganz weit weg von ihm, um wieder zu mir zu kommen. Also behauptete ich, dass ich etwas daheim vergessen hätte (vielleicht einen wichtigen Teil von mir selbst?); ich wusste, dass ich den Weg, den ich hinter mir gelassen hatte, doch wieder zurückgehen musste, um noch einmal von vorne zu starten.

Ich merkte, wie sich seine Gesichtszüge veränderten. Die Zeit, die Entwicklung der Dinge veränderte uns. Sein Vertrauen in mich litt unter meinem unvorhergesehenen, hastigen Wiederaufbruch.
Es zog mich einerseits weg von ihm, zurück zu mir selbst, und doch verspürte ich eine gewisse Furcht, ihn damit zu sehr enttäuschen und von mir zu jagen, darum versicherte ich ihm, dass ich wiederkäme, so schnell wie es ginge, heute noch.

Wir stiegen also zusammen die Treppe wieder hinunter, die gerade zuvor erklommen hatten, es war ein schwieriger Weg, fast war es wie in ein Loch zu fallen. Draußen beleuchtete das kalte weiße Licht einer alten Laterne die harte Realität unserer Lage. Vor mir ein unebener Gehweg, ein neues, ungewisses Lebensziel. Papier, auf das vielleicht etwas geschrieben stand, das sehr lange hielt, flog nun über den Boden hin ins Nichts. Das Bonbongeschäft hatte schon längst seine Pforten für immer geschlossen. Aus unerfindlichen Gründen war diese Quelle, die einst dem Leben Süße spendete, versiegt.

Ich sagte ihm, dass er genau dort auf mich warten solle, an unserem Treffpunkt, diesem Punkt unserer gemeinsamen Geschichte, an dem sich bereits so viele gemeinsame Erinnerungen angesammelt hatten. Ich drehte mich um und begann zu rennen, als liefe ich vor einer unangenehmen Sache davon.

Ich rannte, wieder allein, den Weg zurück das Land hinunter. Endlose Meilen lief ich, mein Atem schien endlos lang zu sein, ich spürte meine große Ausdauer und meinen starken Lebensmut.
Es gab einen Sprung, und ich war zu Hause. Ich schnappte mir die Sache, die ich vergessen hatte, ich wusste selbst nicht genau, was es war.

Doch nun hatte ich genug Abstand gewonnen, war wieder bei mir selbst gewesen, ich hatte, was ich brauchte (nämlich Selbstvergewisserung) und wollte mich, wie versprochen, abermals zu meinem Freund in der Ferne begeben.
Und alles ging von vorne los. Die fremden Menschen, der fremde Bahnhof, die lange Zugreise, das Fliegen mit dem alten Flugzeug als einziger Passagier. Doch eines war anders. Als ich am Flughafen ankam, schien dieser wie tot zu sein. Der Ort, der einst so bedeutsam für meine Ankunft im Lande meines Freunde war, war nun tot, war nicht mehr von Bedeutung. Keine Spur von Leben weit und breit. Man könnte sagen: noch weniger Leben als schon beim ersten Mal!

Ich hastete zu jenem Ort, wo mein Freund mich erwartete. Ich sah niemanden, aber ich hörte Schritte hinter mir. (War es nicht vielleicht der Hall meiner eigenen Schritte in der Leere?) Ich musste mich auf etwas Unbekanntes bereit machen, ich wurde nervös, ich begann, immer schneller zu rennen. Ich wusste nicht, wohin mich die Schritte jagten (die fremden? die doch nichts anderes als meine eigenen waren?), ich wusste nur, dass ich auf einmal wieder am Ende der Seitengasse stand, wo ich meinen Freund zuletzt gesehen hatte. Ich hielt die Luft an, wartete auf einen besseren Augenblick. Ich wagte mich nur langsam den Weg entlang. Ich blickte mich in der Gasse um, und was ich sah, schockierte mich: Es war eindeutig dieselbe Gasse, doch die ohnehin alten Häuser wirkten, als wären sie um weitere Jahrhunderte gealtert. Und dann: wieder der kalte Schein der Laterne. Wieder das Papier auf dem Boden. Wieder der alte Bonbonladen, der mal zum Glücke vieler fröhlicher Kindergesichter beigetragen hatte. Nur dieses Mal saß kein Freund davor, im Haus brannte schon lange kein Licht mehr, und der Putz bröckelte, als wäre sich das Haus selbst überlassen worden. Die Fassade, die alles zusammenhalten sollte, wie es einmal war, ging langsam, Stück für Stück kaputt. Ja, das Haus begann zu zerfallen und der Bonbonladen zeigte stark verblasste Farben, als könnte ich mich selbst kaum mehr an seinen lebendigen Zustand von damals erinnern. Er war zu lange nicht mehr erneuert worden! Aller Verfall bestätigte mir, dass ich jetzt allein war. Ganz allein! (An dieser Stelle habe ich wohl im Schlaf geweint.) Mein Freund war nicht mehr da! Offensichtlich war ich zu spät gekommen. (Oder hatte sich bereits alles entschieden, als ich ihn verließ? Hätte ich ihn also nicht verlassen dürfen? Aber ausgehalten hatte ich es in seiner Nähe ja auch nicht! Also hatte wohl alles kommen müssen, wie es kam...)
Ich ging auf die Knie. Zog mich auf meinen eigenen, inneren Stützpunkt zurück. Verlor das Bewusstsein, ich gab unbewusst, vielleicht aber auch ganz bewusst auf!

Als ich die Augen wieder öffnete, als ich wieder klar sehen und die Wahrheit erkennen konnte, da sah ich erstaunt meine beste Freundin am Fenster stehen. Sie stand da uns blickte zum Fenster hinaus. Sie sah, wie es ist und wie es sein könnte, das gab mir Hoffnung und Mut. In der früheren Wohnung meines Freundes stand sie, diesem Ort der Zuflucht, der nun durch sie eingenommen war. Meine Freundin, sie selbst war meine Zuflucht!
Der wolkenlose Himmel ließ mich ein klares, heiteres Leben spüren, unschuldige, lachende Stimmen versüßten mir den Moment. Kein Zeichen mehr von der erdrückenden Einsamkeit, die damals an diesen Ort geherrscht und auf mir gelastet hatte.
Alles war erneuert worden und glänzte und strahlte, und als ich aus dem Fenster sah, liefen fröhliche Kinder, diese unschuldigen, sorglosen Wesen in dem Bonbonladen ein und aus!
Das alles gab es wieder: Unschuld, Sorglosigkeit und die Süße des Lebens! Luftballons flogen sorglos und frei durch die Luft.

Die davonfliegenden Luftballons, die unsichtbare Luft, das ließ mich plötzlich an das gerade noch aktuell gewesene, doch schon vergangene Leben erinnern, das da vielleicht gerade mit den Ballons auf nimmer Wiedersehen davonschwebte, und das versetzte mir einen Stich in mein Herz!
Mein Gott, es war doch, als wäre mein Freund nie da gewesen!

Doch dieser Schmerz des Bewusstwerdens währte nur kurz und konnte mein neues Glück nicht nachhaltig trüben. Bei meinem Blick auf die Wiese, die mich meine Freiheit und Freude fühlen ließ, öffnete sich mein Mund vor lauter Staunen oder als wollte ich einen wichtigen Ausspruch tun (vielleicht, wie unerwartet schön diese Welt ohne meinen Freund bzw. dieses Leben nach dem Freund trotz allem ungeahnterweise war!).
Überall standen weiße schöne, frische Blumen, die mich mit Liebe zu diesem Leben erfüllten, und als ich meiner Freundin sagen wollte, dass sie sich diese Pracht doch ebenfalls ansehen solle, verwandelten sich die Blumen in Tauben, die, frei wie sie waren, davon flogen.

Alles Schöne in der Welt war nicht zu halten, den Freund, mit dem ich mich einmal gefunden hatte, konnte ich nicht halten, so wie er mich nicht halten konnte, an seine Stelle in meinem Herzen trat wieder meine beste Freundin. Und die schönen Luftballons und Blumen und Tauben, sie alle waren nicht zu halten. Doch es machte nichts, denn ich erfuhr, dass anstelle jedes alten Schönen ein neues Schönes entstand. Die Welt befand sich in stetem Wandel, nichts konnte auf Dauer festgehalten werden, alles Schöne und Gute verwandelte sich immer wieder, doch blieb es andererseits auch bestehen, es wechselte nur seine Farben und Formen.

Mein Zug hatte mich am Ende doch nicht enttäuscht, sondern zu einem ungeahnten Ziel geführt, dem vielleicht größten: zum Ozean der Liebe, zu „now here“, zum Leben in Liebe im Hier und Jetzt!!!


Liebe Schokoline,

ich habe gewagt, in der Ich-Form zu schreiben, habe Deine Worte aus der ersten Traumschilderung wie auch alle späteren Aussagen von Dir aufgegriffen, aber auch hie und da meine eigenen Gedanken Dir in den Mund gelegt, um zu sehen, wie diese bei Dir ankommen, wenn Du meine Deutung in dieser Form liest. Stellvertretend für jemanden in der Ich-Form zu schreiben, das habe ich am Ende einer Traumarbeit bislang noch nie getan habe. Es ist also ein Versuch. Ich bin sehr gespannt, wie er bei Dir ankommt!

Liebe Grüße, Dein

Leben


Bearbeitungszeit dieses Beitrags:
07.11.2008, 13.55 – 14.45 Uhr /
08.11.2008, 21.50 – 22.30 Uhr /
09.11.2008, 22.45 – 23.20 Uhr /
10.11.2008, 10.20 – 11.20 Uhr und 13.05 – 14.05 Uhr /
11.11.2008 01:20 – 01:50, 12.30 – 13:10 und 23.35 - 23.45,
also insgesamt rund fünfeinhalb Stunden.

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