Traumdeutung

Ich bin männlich und 43 Jahre alt. Was mich aktuell beschäftigt, ist mein Tinnitus, den ich seit zwei Monaten habe.
Von Donnerstag auf Freitag hatte ich folgende drei Träume nacheinander:

Teil 1
Ich sitze auf einer hohen Stange. Mit mir ein schwarzer Krähenvogel. Der Vogel nervt mich. Ich will ihn runterschubsen. Er kann sich immer wieder auffangen. Dann gelingt es mir doch, den Vogel runterzustossen. Er kann nicht fliegen, da ihm einige Federn fehlen. Ich denke, er stirbt beim Aufprall. Ich bin erstaunt. Er lebt weiter.

Teil 2
Dunkle Räume. Irgendwo im Kellergeschoss. In einem Raum sehe ich jemanden in einem Bett schlafen. Irgendwo steht ein Reinigungsgerät. Ich mache das Gerät aus Versehen an und schalte es sogleich wieder aus. Es erscheinen vier Männer. Drei davon sind dunkelhäutig. Es handelt sich um einen Reinigungstrupp. Die Männer scheinen freundlich zu sein. Sie sehen gepflegt aus und lachen mich an. Die Männer nehmen ihre Reinigungsgeräte in Betrieb und beginnen, den Boden zu reinigen.

Teil 3
Ich sehe einen alten Freund von hinten. Sein Gesicht sehe ich nicht. Mir fallen seine stark gekrausten Haare auf. Es geht ein sehr angenehmer Parfumduft von ihm aus. (Die stark gekrausten Haare erinnern mich an früher. Jetzt hat er nicht mehr so stark gekrauste Haare. Ich habe ihn länger nicht gesehen, aber habe oft mit ihm schriftlichen Kontakt.)

Freue mich auf eure Deutungen.

Gruss

Lake

Hey lake,

etwas verspätete Antwort dieses Mal - wegen all der Feiertage

Die Krähe in Deinem Traum könnte man durchaus als Symbol für Deinen Tinnitus ansehen. Krähen nennt man auch Krächzer u. der Tinnitus im Ohr (oder im Kopf) belästigt Dich ja und nervt Dich sehr u. beschäftigt Dich. Er lenkt Dich ab, raubt Dir vermutlich jeden klaren Gedanken. Du bist genervt (im Traum vom Vogel u. real vom Tinnitus) und willst ihn loswerden, doch das gelingt Dir nicht. Dass er nicht fliegen kann, zeigt die 'Unfreiheit', die Du empfindest, bzgl. dieses unangenehmen Symptoms.

Wie ich Dir schon beim letzen Traum gesagt hatte: Du machst zuviel. Tinnitus ist letztlich ein Anzeiger einer Stress-Symptomatik. Da hört man zuviel 'nach außen' anstatt sich mal Ruhe zu gönnen u. 'nach innen' zu hören. Der Körper 'reguliert' das dann irgendwann auf eigene Art u. blockiert das Gehör durch den Tinnitus. Sodass Du eben das Außen nicht mehr 'hören kannst' und nun nur noch dieses Geräusch wahrnimmst.

Im zweiten Traumteil dann auch der Hinweis: geh mal in Dich. Der Keller, das ist das Unbewußte - Deines. Dein Inneres. Da herrscht - lt. Traum Dunkelheit u. Unordnung. Da schläft jemand (vielleicht der Teil in Dir, den Du mal wecken solltest, damit er sich ansieht, was da drinnen alles so los ist - und was 'ausgemistet' gehört.) Deshalb auch das Reinigungsgerät. Anscheinend hast Du aber keine große Lust, da mal 'aufzuräumen' in Dir. Wenn man nur 'im Außen' (in der Ablenkung) lebt, dann fällt es schwer, sich mal sich selber zuzuwenden. Und je größer das angesammelte Chaos ist, desto weniger Lust hat man, da mal aufzuräumen Aber lt. Traum hast Du innere Helfer: der Reinigungstrupp, der Dich unterstützen kann. Auch wenn Du sie noch nicht zu kennen scheinst. Nimm ihre Hilfe an!

Der 'alte Freund' den Du von hinten siehst könnte man innerpsychisch als einen 'alten' Anteil von Dir selbst verstehen, vielleicht ein Teil von Dir, wie Du früher mal warst, als Du noch nicht permanent nach Außen fokussiert warst. Gleichzeitig deutet das Traumbild an, dass Du Dich selbst kaum noch kennst (Du siehst das Gesicht nicht). Die stark gekrausten Haare können darauf hindeuten, wieviel 'krauses' (oder wirres Zeug) in Deinem Kopf rumspukt. Auch hier wieder ein Bezug zur herrschenden 'Unordnung' (im Geist und der Seele).
Vielleicht kann Dir der Freund - mit dem Du da gelegentlich schriftl. kommunizierst - auch helfen. Schreiben ist ja eine sehr ruhige Kommunikationsform, dafür benötigt man Zeit u. Muße. Darum geht es genau bei Dir. Nimm Dir Zeit für Dich.

Spannend ist der Duft, der von ihm ausgeht, den Du als angenehm empfindest - gerade in Bezug zum Tinnitus. Ohren oder das Hören ist ja eine Sinneswahrnehmung. Fällt einer unserer Sinne aus, wird man sich oft dann erst seiner anderen Sinne gewahr. Hier ist es nun Deine Nase, der Riechsinn. Und wie Du ja so schön selbst bemerkst, erinnert Dich das an früher. Gerüche erwecken häufig 'alte Gefühle', Erinnerungen an früher, Kindheit, Heimat, all sowas. Vielleicht soll Dich das an Zeiten erinnern, in denen Du Dich wohl gefühlt hast, in Dir. Und eben Erinnerungen wecken, dass es auch anders geht, als nur Außenaction.

Von daher - be-sinne Dich! Lass mal die äußeren Aktivitäten ruhen - und geh in Dich.
Besinne Dich darauf, was Dir gut tut (oder früher mal gut getan hat).
Richte Deine Aufmerksamkeit, Deine Sinne, nach innen und fang mal an dort aufzuräumen.

Krähen (gerade schwarze) kann man schon als Warnsignal verstehen - im Volksmund sind sie auch Unglücksraben. Vielleicht fühlst Du Dich so ein wenig - durch das erzwungene Generve u. Gefiepe im Ohr. Die Krähe - der Tinnitus - ist ein Warnsignal u. sagt: eine Umkehr ist dringend notwendig.

soweit,
viele Grüße Pica

Hallo Pica

Vielen Dank für deine Deutung. Es ist für schwierig zu verstehen, was Aussenaction bedeutet und was es bedeutet nach Innen zu gehen. Denn eigentlich bin ein ruhiger, introvertierter Typ. Wenn ich mich mit meinen Kollegen vergleiche, dann ist mein Leben schon fast "langweilig". Ich habe nicht das Gefühl, dass ich immer Action habe. Und trotzdem ist es offenbar so. Aber ich sehe es nicht.

Ich hatte noch zwei ähnliche Träume, wie der Traum mit der Krähe.

1. Traum: "Katze muss raus"

Eine kleine Katze nervt mich. Ich will sie vor die Türe schmeissen, aber bringe sie kaum. Wenn ich die Türe zu machen will, hält sie ihre Pfoten dazwischen. Trotzdem schlage ich die Türe zu und die Katze verletzt sich. Eine Pfote fällt vom Bein ab. Schlussendlich ist die Katze draussen. Geschafft, ufff!

2. Traum: "Vogel (Eisvogel) muss raus"

Ein Eisvogel ist in einer aufgeblasenen Plastiktüte gefangen und flattert wie verrückt. Ich möchte die Tüte aufmachen und den Vogel aus dem Fenster lassen. Der Vogel ist immer noch in der Tüte und klammert sich durch die Tüte mit Schnabel und Krallen an meinem Hals fest. Schliesslich schaffe ich es die Tüte zu öffnen und den Vogel aus dem Fenster zu jagen und das Fenster zu schliessen. Bin ich froh!


Diese zwei weiteren Träume deute ich so, dass irgendwas aus meinem Kopf raus muss. Ist es der Tinnitus, oder das was den Tinnitus auslöst?

Hey lake,

danke für die Rückmeldung.

Nun ja, erstmal weiß ich ja nicht wirklich viel von Dir: außer der Tinitus-Sache und außer Deinem ersten Traum, den Du hier gepostet hast, aus dem ziemlich deutlich - für meine Leseart - hervorging, dass Du Dich zu sehr 'nach Außen' zu orientieren scheinst. Das lässt sich vielfältig verstehen, z.B: dass Du permanent abgelenkt bist durch äußere Aktivitäten (von mir hier so lapidar als Außenaction bezeichnet ) oder möglicherweise auch, indem Du Dich in allem was Du tust zu sehr nach anderen Menschen richtest, Dich von ihnen ablenken lässt (so klang ja der Fahhradtraum, da an der Autobahnraststätte), oder aber auch Deine Gefühle oder das was Du tust und denkst nicht aus Deinen inneren Wünschen heraus resultiert sondern (zu sehr) beeinflusst wird von Dingen, die andere tun. Im Fahrradtraum machst Du ja nicht die nötige Pause, sondern änderst permanent die Richtung, bedingt durch die Ablenkungen, die Dir da unterwegs begegenen. Das war mein Ausgangspunkt und bestätigt hast zumindest, dass Du mal Ruhe brauchen könntest, nur nicht findest, da Du immer das Gefühl hast, etwas zu verpassen. Und das passt eben zum Tinitus, da schreit der Körper - inzwischen schon sehr laut - nach Ruhe. Deshalb eben auch das Fiepsen im Ohr, das einen zwingt, mal kürzer zu treten. Ein Anzeichen, dass man zu wenig auf sich selber und die inneren Bedürfnisse achtet. Man kann sich ja nicht mehr wahrnehmen (die eigenen Gefühle, Wünsche usw.), wenn man dauernd denkt man verpasst was u. daher wohl immer nach 'außen' auf die anderen schaut.
Nach Innen gehen heißt eben: zur Ruhe kommen, Pausen einlegen, all das Zeug, das man erlebt, das einem durch den Kopf geht auch mal verarbeitet, schaut ob einem das alles gut tut, ob man das wirklich will und braucht, Energien wieder auflädt, Kraft schöpft etc.
Nur weil andere scheinbar dauernd viel tun, heißt das ja nicht gleich, dass das auch für Dich richtig ist und passt. Scheinbar ja nicht, sonst hättest Du den Tinitus nicht.
Es geht darum, das für Dich richtige und angemessene Maß zu finden, selbst wenn das dann langweilig erscheinen mag, oder wenig im Vergleich zu anderen.

Was nun wirklich das Problem ist, bei Dir, weiß ich ja nicht, da ich ja nicht mal weiß, ob Du in einer glücklichen Beziehung bist - oder im Job zufrieden usw. usw. Der Tinitus sagt letztlich nur aus, dass Du irgendwas nicht mehr hören kannst oder willst - das Dir etwas im Leben gehörig auf die Nerven geht - Stress im weitesten Sinne (kann auch Beziehungsstress sein oder zuviel Druck u. Belastung bei der Arbeit). Er sagt aber auch aus, dass Du da schon eine Weile über Deine Grenzen gehst u. es einfach nicht mehr (ertragen) kannst.

Wie ich schon zu Beginn sagte: ein Traum muss auf die aktuelle Lebenssituation angewandt werden, nur dann ist er wirklich verständlich - sonst bleibt jegliche Deutung eher allgemein u. vage.
Ich kann schon verstehen, dass man nicht unbedingt seine privaten Dinge hier öffentlich preisgeben will - nur kann ich Dir dann halt auch nur bedingt weiterhelfen. Es bleibt auch immer noch die Möglichkeit über die private Nachricht zu schreiben.

zum Katzen- und Vogeltraum: ja das scheint auch um das Thema zu gehen. Etwas nervt Dich da offensichtlich gewaltig in Deinem Leben (und das offenbart sich als Tinitus).

Je nachdem können sich die Träume sowohl auf den Tinitus, als auch auf das Problem um das es geht - das ihn ausgelöst hat - beziehen.

Katzen sind freiheitsliebende Tiere, die sich nicht gerne was sagen lassen, die gerne selbstbestimmt leben. Sie können ein Hinweis auf unsere Instinktnatur sein. Nun bist Du ja gerade recht eingeschränkt, das nervt und Du willst es los werden. Gleichzeitig kann die Katze auch darauf hindeuten, dass Du mal selbstbestimmter werden sollst.

Beim Vogeltraum klingt es eher so, als gehe es um die Gedankenwelt, da scheint etwas (ein Gedanke) wie gefangen in Dir zu sein - im luftleeren Raum, den Du loswerden willst - ja eigentlich klingt es auch so, als wolltest Du gerne über das 'Problem' (was auch immer es ist) reden, denn es bedrängt Dich so sehr (krallt sich an Deinem Hals fest). Am Hals sitzt das Sprechzentrum, und hier ist der Ort, an dem Veränderungen angezeigt werden.

Aus beiden Träumen geht hervor: innerlich nervt u. bedrängt Dich etwas stark. Doch anstatt Dich damit mal auseinanderzusetzen, also zu fragen, was ist denn gerade los? was stört mich in meinem Leben? was belastet mich oder bedrängt mich? versucht Du es krampfhaft loszuwerden.
Wie gesagt, kann der Tinitus sein - klingt aber auch nach dem Verursacher des Tinitus.

Gönn Dir mal Ruhe und Pause und lass Dich nicht mehr von Menschen, Aktivitäten oder anderen Lebensentwürfen ablenken. Finde zurück zu Dir, höre in Dich rein (das kann einige Zeit dauern) u. finde heraus, was da so problematisch ist.

soweit,
viele Grüße Pica