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Besuch im Seelenschloss - Gespräch mit dem Tod

BeitragVerfasst: 02.02.2017, 06:55
von KissTheRain
Guten Morgen, liebe Community!

Ich hatte heute einen etwas verstörenden Traum, den ich unbedingt aufschreiben muss!
Zu meiner Person: 22, möchte mich beruflich verändern, habe derzeit sehr viel Stress (berufl. + privat) und dazu kommt noch, dass es meinen Schwiegereltern sehr schlecht geht, uns aber mehr oder weniger die Hände gebunden sind, da sie am anderen Ende der Welt wohnen und es berufl. wie auch finanziell es sich für meinen Freund nicht ausgeht, seine Eltern zu besuchen (er macht gerade seine Ausbildung fertig).

Zu meinem Traum:
Ich träumte, ich begab mich mit zwei Männern auf ein sehr altes, antikes Schiff, das mich sehr faszinierte. Es sah sehr edel, aber auch sehr alt aus. Irgendetwas sagte mir, dass es aber sehr sicher sei.
Das Schiff fuhr langsam los.

Wir durchquerten einige Flüsse und die beiden Männer streiteten sich, mehr aber freundschaftlich - sie neckten sich die ganze Zeit. So ging es eine Weile weiter. Dann fuhren wir mit dem Schiff durch eine Höhle und wir bekamen etwas Angst...links und rechts waren Wände. Die zwei Männer aber fingen sogleich wieder an zu scherzen. Nachdem wir draußen waren, staunten sie. Ich hatte offenbar die Augen zu, denn sie sagten: “Mach die Augen auf, schau dir das an!!!“ Ich machte die Augen auf, und da war nichts: Wir waren in einem völlig “schwarzem Zustand“. Das Meer, der Himmel...alles völlig schwarz, nicht erkennbar. Die Tonlage war stumpf, es hallte nichts, kein Echo. Als läge überall sehr viel Schnee.
Wir trieben nach links.
Wir fuhren langsam, langsam weiter. Plötzlich war da ein Schloss, ein riesiges Gebäude (zwei riesige Gebäude) und plötzlich waren wir drinnen. So als würden wir mit dem Schiff ein bisschen von oben durch den Gang schwimmen ....
Ich sah in die Zimmern hinein, und sah, dass sie alt waren, mit Spinnweben durchzogen, aber eingerichtet. Ich sah jedoch auch, dass sich Etwas bewegte.
Es saß am Bett.
Es war durchsichtig, man konnte es kaum erkennen.
Wir schwebten weiter und ich sah, dass sie überall waren, diese Wesen. Sie bewegten sich durch das Schloss.
Dann war ich plötzlich in einem andren Gebäude am Schlossgrund, das höher war als das erste. Ich sah, wie eine Gestalt in braunen Kleidern vom Gebäude zum See schwebte, welcher Gegenüber von dem Schloss lag.
In der Hand hatte es so ein Wesen.
Die Gestalt legte das Wesen in den See ab und schwebte wieder Richtung Gebäude. Es sah mich plötzlich. Ich wollte auch, dass es mich sah. Es kam näher, immer näher. Die Geste, die ich vorher als friedlich empfand (als das Skelett die Wesen in den See legte) ... dieses Friedliche, es war vorbei und plötzlich wurde die Stimmung bedrohlich.

Von der Ferne sah die Gestalt aus wie ein Skelet.
Als sie plötzlich näher kam, sehr schnell, und dann am Fenster hing, merkte ich, dass es eine Frau war.
Ich hatte Angst, dass sie mich mitnahm, aber irgendetwas sagte mir, dass sie das nicht tut. Die zwei Männer haben sich in Luft aufgelöst. Stattdessen war nun meine Schwester bei mir und eine Studienkollegin, mit der ich soweit nichts zu tun habe. Der Tod schimpfte mit ihr und sagte, eher scherzhaft, aber doch ernst: “Wenn du das machst!! *lacht* Ich sagte zu dir, ich ziehe dir 6 Monate ab!!“ Die Kollegin lachte zurück und sagte: "ok, ok“
Dann schaute mir der Tod in die Augen, dann zu meiner Schwester, dann zu mir. Mit Tränen in den Augen sagte ich: “Bitte bitte, nicht schon wieder, tun Sie uns das nicht an. Bitte tun Sie das meiner Schwester nicht an!!“ (Hier aber bezog ich mich auf die Tatsache, dass meine Schwester alte und kranke Pferde pflegt und diese nun früher oder später sterben).
Ich weinte jetzt. Der Tod legte mir seine Hand aufs Gesicht, nickte, und sagte: “Natürlich nicht.“


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Ich finde den Traum sehr interessant aber auch beängstigend.
Kann mir jemand dabei weiter helfen?

Re: Besuch im Seelenschloss - Gespräch mit dem Tod

BeitragVerfasst: 03.02.2017, 16:36
von Picadora
Hey Katharina,

erstmal danke, dass Du uns von Deiner aktuellen Situation berichtet hast.

Bevor ich anfange muss ich noch was loswerden: mich hat @Almuths Verständnis und Leseart Deines Traums ziemlich beeindruckt. Ich finde die Idee und die Gedanken dazu völlig faszinierend und absolut nachdenkenswert.

Meine Herangehensweise ist dagegen sehr viel pragmatischer und weltlicher (um nicht zu sagen 'banaler'). Ich glaube, ich kann sie Dir einfach noch mit dazu geben, ohne Dich in allzu große Verwirrung zu bringen.

Aus meiner weltlichen Sicht geht es im Traum um das Thema der Veränderung (dazu passt auch das Todesthema, denn mit dem 'Tod' geht etwas zuende und etwas Neues beginnt).

Ich sehe es ähnlich, dass das Schiff Du bist, und Deine Lebensfahrt darstellt. Du scheinst Dich gut und sicher in Dir zu fühlen, so wie Du das Schiff beschreibst. Doch es geht ja darum, dass Du eine Veränderung anstrebst (in beruflicher Sicht - und um einige Schwierigkeiten, die Veränderungen auslösen könnten)

Du hattest ja auch schon andere Phasen in Deinem Leben (ich hab ein wenig nachgelesen), d.h. Du hast Dich nicht schon immer wohl und sicher gefühlt in Dir, mit Dir, im Leben. Du hast ja schon einiges durch und entsprechend stellt für mich der gesamte nächste Traumteil eine Art Rückblende oder Erinnerung an vergangene, schwierige Zeiten dar:

Die Situation in der Höhle, da begegnest Du Dir selbst (in der Tiefe, im Inneren) - diese Enge, das schwarze Nichts hat mich an Deine depressive Zeit denken lassen, als Du Dich vermutlich so gefühlt hast (alles schwarz... stumpf, kein Laut, Kälte überall).

Das sollst Du Dir nochmal anschauen - und erkennen, was Du bewältigt hast. Wie stark Du bist! Denn Du hast es geschafft, da raus zu kommen. Du hast es geschafft, den Schnee und die Kälte zum schmelzen zu bringen, Emotionen wieder zuzulassen, Du hast begonnen wieder zu fühlen, wahrzunehmen, zu hören, zu sehen, zu leben.

Du bist aus der dunklen, tristen Höhle rausgekommen und hast es ins Schloss geschafft! Und das ist ein tolle Leistung.
Nun hat ja bekanntlich jedes Schloss (jeder Mensch) auch so seine 'Geister' rumschwirren. :wink:
Diese Geister sind wie eine Art Erinnerung an alte Zeiten, die wir gespeichert haben.
Die Erfahrung an diese Zeit, als es Dir nicht gut ging, hast Du als eine Art 'Angst'(Geist) in Dir gespeichert. Und in Momenten in denen wir uns verändern wollen, treten auf einmal auch wieder alte Ängste wie 'Geister' auf den Plan und umschwirren uns. Das könnten also diese durchsichtigen Wesen sein, die sich da im Schloss bewegen.

GLEICHZEITIG und das halte ich für viel wichtiger, handelt es sich m.E. hier um Anteile von Dir selbst: Anteile, die noch keine feste Form bekommen haben. Möglichkeiten Deiner Persönlichkeit, die Du erst noch entdecken, ausleben und entwickeln kannst. Denen Du also erst noch Leben einhauchen sollst, damit sie zu einer Person aus Farbe, Fleisch und Blut werden.

Hier liegt also die Möglichkeit zur Veränderung in Dir:

Um diese Wesen und Möglichkeiten mit Leben zu füllen, musst Du schauen, was Du tun möchtest, was Du kannst und zu lernen bereit bist. Dann beginnst Du mit dem Aufbau des Neuen... das ist wie der umgekehrte Weg beim Tod: erst kommt das Skelett (der Knochenaufbau - oder das Gerüst), d.h. Du setzt die Idee in einen Plan um, der eine Struktur hat, wie ein Wegweiser, eine Vorgehensweise.
Hast Du das Gerüst (Skelett), dann kannst Du Dich dran machen, das Ganze mit Leben zu füllen, d.h. mit umsetzen und ausführen. Indem Du das tust und den Weg (des Neuen) schrittweise gehst, entsteht etwas Neues, und um das Skelett-Gerüst herum entsteht plötzlich was aus Fleisch und Blut.

Dein Traum zeigt Dir wie es geht: das Traum-Skelett (der vermeintliche Tod = die Veränderung) bringt die Wesen von Innen nach Außen (in den See, ins Wasser des Lebens, damit sie 'geboren' werden können) - und dann ist aus dem Skelett auch eine Frau geworden. Das ist Deine Entwicklung - die vergangene, die jetztige mögliche und die zukünftige.

Im Traumverlauf ist eine weitere Entwicklung (Veränderung) sichtbar: aus den zwei neckenden Männern, die am Anfang Deine Begleiter waren (und wohl nicht immer alles so ernst nahmen) werden am Ende zwei weibliche Begleiter (Deine Schwester + die Studienkollegin) - hier scheinst Du Dich also in Richtung Deiner Weiblichkeit (Deines Frau-Seins) entwickelt zu haben.

Gleichzeitig scheint zunächst ja die neckische Leichtigkeit weg zu sein, die die Männer da am Anfang an den Tag gelegt haben (als es munter auf frohe Fahrt ging). Nun ist es 'ernster' geworden sozusagen, bei Dir im Leben, denn es geht um wichtige Dinge - um die Entwicklung und Veränderung.
Zwar 'scherzt' auch der Tod am Ende - doch bleibt ein 'ernsthafter' Ton dabei, wie Du selbst sagst. Mit seinem Scherz will er Dir die Angst vor der Veränderung nehmen, gleichzeitig wird hier nochmal deutlich, wie stark Veränderungen von uns sowohl freudig als auch schmerzhaft wahrgenommen und empfunden werden. Sie Dir diese Pferde an: klar ist es traurig, wenn eines stirbt - doch gleichzeitig sind sie nun von ihren Schmerzen und ihrer misslichen Situation erlöst.

So ist es auch im Leben: eine Veränderung schmerzt, da wir Altes und Vertrautes hinter uns lassen - durch und mit unseren Ängsten uns auf den Weg machen - und in Richtung Neues, Unbekanntes gehen, das uns aus unserer alten, misslichen Situation befreit! Und dabei sind wir in der Lage, neue Möglichkeiten in uns zu entdecken, uns eine neue Form und Richtung zu geben, neue Anteile entstehen zu lassen. :wink:


ein absolut toller toller Traum
ich hoffe Du kannst was damit anfangen
liebe Grüße
Picadora

Re: Besuch im Seelenschloss - Gespräch mit dem Tod

BeitragVerfasst: 04.02.2017, 21:27
von KissTheRain
Guten Abend,

vielen lieben Dank für die Antworten!

Ich empfand den Traum eigentlich auch positiv und wie gesagt, sehr interessant.
Vielen Dank, Almuth, für deine wirklich tolle Deutung. SO war mir das in der Tat nicht bewusst!
Es is aber wirklich schlüssig und ergibt doch Sinn.
Zu deiner Frage: JA, es war mir durchaus bewusst, dass ich mit solchen Gedanken spazieren gehe....
...ich bin nun 22 Jahre alt, hab einen Job, studiere nebenbei, belege einen Sprachkurs, hab ein Auto, eine eigene Wohnung und ein Zuhause, wo ich mit allen Problemen hin kann. Auch all meine Freunde und nähere Bekannte haben das.
Durch meine Tätigkeiten, die ich nun zusätzlich unter der Woche mache (eig schon länger) ... da bin ich in letzter Zeit immer öfters vor einer Tatsache gestanden, die man nicht ändern konnte, egal wie sehr man wollte. Das ist, denke ich, BESONDERS für meine Generation und für die Leute in meinem “Mikrokosmos“ ein ungewöhnliches Gefühl, so sind wir doch mit dem Gedanken gut aufgewachsen, dass es keine Grenzen gibt und das man alles habenn kann - man müsse sich nur genug anstrengen.
Es ist schwer verdaulich, wenn einem bewusst wird, dass es nicht so ist.

Auch die, Picadora, einen lieben Dank! Auch die “weltliche“ Sicht ist wichtig, auch mit deiner Deutung kann ich durchaus viel “anfangen“. Eben auch eine sehr interessante Sichtweise, vorallem auch sehr logisch.

Und auch zum 3. Beitrag danke! :-) Das zieht meinen Traum auf ein sehr realistisches Bild, was mich wiederrum nachdenklich stimmt und den Traum, der am Ende hin doch friedvoll für mich war, in einem andren Licht stehen..

Re: Besuch im Seelenschloss - Gespräch mit dem Tod

BeitragVerfasst: 05.02.2017, 20:34
von KissTheRain
Guten Abend!

Es sind gar nicht mal meine Grenzen - sondern die Grenzen, die allgemein herrschen. Und es gibt sie, überall, man muss nur genau hinschauen. Ja, vielleicht sind diese nur im Kopf derjenigen existent. Aber meistens reicht eben deren imaginäre Existenz...

Tatsachen, die man nicht ändern kann, mit denen ich in meiner ehrenamtlichen Arbeit zu tun habe, sind zB: Abschiebebescheide, Krebs im Endstadion, die Herkunft, .... Vorallem aber ist es die Vergangenheit, die sich nicht ändern lässt. Bewältigen ja, aber ändern nicht.