Am letzten Tag des Colleges‘ blieb ich ganz oben im Werkraum. Die Wände außen waren aus Glas und ich konnte über die ganze Kommune blicken. Ich konnte sogar meine Familie in Miniatur an der Bierbank beobachten. Es war ruhig und schön in diesem Raum. Die Sonne schien herein. Die Werktische und inneren Wände waren aus weißen Holz. Ich sah mich um, fuhr mit der Hand über den Tisch und blieb an einer schwarzen Box mit Stiften, Radiergummis, Büroklammern etc. hängen. Mir fiel ein, dass ich hier in meinen ersten Tagen auf dem College etwas aus Metall gemacht hatte. Ein kleiner Hammer war das. Nicht größer als mein kleiner Finger. Wenn ich den mitnahm, konnte ich wieder hierher zurück. Unsere Abzeichen mussten wir ja abgeben.
Ich nahm den Hammer und steckte ihn in meine Jackentasche. In dem Moment kamen meine zwei besten Freunde und eine halb Japanerin, halb Mexikanerin. Die Jungs begrüßten mich lachend mit einem Umarmen. Das Mädchen würdigte mich keines Blickes. Sie hatte langes, schwarzes Haar, welches ihr über die Schulter fiel. Sie strich mit er Hand genauso über den Tisch, wie ich vorhin, und hielt ebenfalls bei einem kleinen Metallwerk inne. Sie sah die Jungs mit funkelndem Lächeln an und nahm das Teil in die Hand.
„Leg das zurück“, forderte der Braunhaarige.
„Spinnst du? Das ist unsere einzige Verbindung zum College!“ Rief sie und ließ das Teil in die Jackentasche gleiten. Auf einmal taten alle so, als wäre ich nicht mehr im Raum. Die folgende Szene lähmte mich vor Schock.
Als das Mädchen an ihnen vorbeigehen wollte, hielt der Braunhaarige sie eisern fest und schubsten sie an die Wand. MEINE Freunde! Sie hielten sie fest und sie wehrte sich, aber die beiden waren viel stärker als sie. Der Blonde drehte sich um, während der Braune ihre Arme rechts und links neben ihrem Kopf an die Wand gedrückt hielt. Der Blonde nahm einen Hammer und einen Nagel und ich wollte vor Angst schreien, als die Jungs ihr die Nägel durch das Handgelenk bohrten und mit dem Hammer an der Holzwand befestigten. Direkt neben der Tür zum Ausgang. Doch anstatt dass der Schrei durch meine Kehle dring, entfuhr sie den Lippen des Mädchens. Sie weinte und trat mit den Füßen nach den Jungs, was nichts half, da sie durch das Zerren nur noch mehr Schmerzen bekam. Sie tat immer genau das, was ich tun wollte: treten, kratzen, spucken, schreien. Aber ich stand nur starr da. Auf einmal nahm einer der beiden einen Bohrer aus einer Ecke und drückte die Spitze an ihren Bauchnabel. Wieder ein Schrei aus Todesangst aus ihrer Kehle und meinen Gedanken.
„Willst du hier auch befestig werden?“, grinste der Blonde spöttisch. Das Mädchen wirkte auf einmal tot. Sie schloss die Augen und schien aufzugeben. Nach dem Motto: Macht doch was ihr wollt, schlimmer kann es nicht mehr werden.
In dem Moment taute ich auf. Ich schnappte mir ein Brett das an der Wand lehnte und schlug damit so fest auf den Arm des Blonden, dass ihm der Bohrer aus der Hand fiel. Das schien ihm komplett egal. Sie taten, als würden sie von einem Geist angegriffen werden. Während ich mit dem Blonden beschäftigt war, merkte ich, wie der Braune ihre Hose öffnete und sie untenrum komplett auszog. In dem Augenblick, in dem ich sah, dass die Jungs ihre Schwänze auspackten, und ich wusste, sie würden sie vergewaltigen, durchfuhr mich Adrenalin. Sie weinte nur noch leise mit geschlossenen Augen und ließ es über sich ergehen. Ich schnappte mir das Brett und schlug so fest den Jungs immer und immer wieder in den Schritt, dass sie vor Schmerz eigentlich zusammenbrechen mussten. Unter dem Mädchen hatte sich wegen ihrer durchbohrten Handgelenke schon eine Blutlache gebildet und ich wusste nicht mehr, was ich noch tun sollte. Es kam ein Lehrer in die Klasse und Erleichterung überfiel mich. Ich wollte schreien, um Hilfe, aber er sah uns nur an, lächelte, drehte sich um und ging wieder.
Schließlich nahm ich vor Zorn und Aussichtslosigkeit einfach die Schwänze der Jungs in die Hand und drückte zu. Ich drückte immer fester und immer fester, so dass die Jungs anfingen vor Schmerz schwer zu atmen. Ich würde nicht zulassen, dass sie das Mädchen vergewaltigten. Auf einmal drückte ich so fest zu, dass es sich anfühlte, als würde irgendwas innerlich platzen und schließlich erschlafften sie. Ich war so angeekelt, dass mir das Essen fast wieder hochkam.
Cut –
Ich weiß nicht wie viel Zeit verging. Ein Tag? Zwei Tage? Jedenfalls war ich traumatisiert von dem Erlebnis und vertraute auf einmal keinem mehr in der Kommune. Aus irgendeinem Grund wusste ich, dass JEDER wusste, was passiert war. Sie wussten es alle und hatten nicht geholfen. Das Schlimme am ersten Tag war, also an dem, kurz nachdem ich geflüchtet war, dass meine ganzen Klamotten voller Blut waren. Meine Klamotten, meine Hände und mein Gesicht. Und obwohl mich jeder ansah, taten sie nichts. Fragten nicht. Nicht einmal meine Familie. Ich bemerkte irgendwann Löcher in meinem Handgelenk und in dem Moment wurde mir bewusst, dass ICH das Mädchen gewesen war, welches fast missbraucht wurde. Aber wer war die, die mich rettete? Kann ich zwei Personen gleichzeitig sein?
Ich lief voller Hass durch die Gegend, weil mich alle angrinsten, als wäre nie etwas passiert. Mir kam das alles komisch vor. Die ganzen Leute, die ich dachte zu kennen, wirkten auf einmal komplett fremd. Sie wirkten irgendwie … fies… verschwörerisch, böse.
Am schlimmsten war es, als das geschah:
Viele Leute standen vor einem riesigen Wasserbecken, als gäbe es eine Delphinshow oder so, aber da war rein gar nichts im Wasser. Neben dem Becken standen Aufseher und dann sah ich es: diese Bestien hatten ein verletztes Reh auf ein Floß gesetzt und es an den Beinen mit Nageln befestigt, so wie mich / das Mädchen an der Wand.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Alle Menschen sahen zu, wie das hilflose Reh in die Mitte des großen Beckens trieb und stehen blieb. Und dann erkannte ich noch etwas: Dem Reh hing ein totes Neugeborenes halb aus dem Leib. Die Menschen starrten. Stumm, ausdruckslos. Auf einmal hörte ich Gelächter und Spott. Weiter weg von mir sah ich, wie ein kleiner schwarzer Junge, so um die fünf Jahre, sich gerade Kunstfüße anschnallte. Den Jungen kannte ich von Sehen, Er hatte keine eigenen Füße und diese Kunstdinger sahen aus wie Yeti-Füße. Sie waren größer als sein Kopf. Dieser Junge lief los, auf das tiefe Becken zu. Alle fingen an schadenfroh zu lachen. Als ich wusste, was er vorhatte, lief ich ohne nachzudenken hinterher. Er wollte das Reh retten. Mit einem lauten PLATSCH landete er im Wasser, genauso wie ich. Kurz bevor ich sprang und unterging, sah ich das Floß mit dem Reh sinken. Das Reh sah mich direkt an. Ich brauchte einige Minuten, bis ich meine Orientierung unter Wasser fand und wartete, bis sich die Luftbläschen um mich herum auflösten, um mich umzusehen. Das Becken war leer. Weder der Junge, noch das Reh waren mit mir unter Wasser. Auf einmal hörte ich dumpf über mir Jubeln und Lachen und sah wie ein riesiges, schweres Gitter in das Wasser gesenkt wurde. Über das ganze Becken! Es war kleiner als das Becken, es würde also untergehen und mich erdrücken! Während das geschah, hörte ich unter dem Jubeln und Anfeuern (es war wie bei einer öffentlichen Hinrichtung), wie jemand schrie: „Lasst das Wasser ab!“ Ich sah, wie in der Mitte des Beckens, ein schwarzes, klaffendes Loch auftauchte. Wie ein Gulli, welches das Wasser mit einer unglaublichen Stärke hinab sog. Ich bekam panische Angst und wollte weinen und schreien, aber mir ging die Luft gleich aus. Ich schwamm mit den letzten Kräften noch in die Ecke des Beckens und versuchte mich irgendwo festzuhalten. Nur noch wenige Sekunden, und ich würde sterben. In der letzten Sekunde, ich hatte schon die Augen geschlossen und wartete auf den Tod, hörte ich eine kräftige, hasserfüllte Männerstimme: „Zieht das Gitter hoch. S O F O R T!!!“ Mir wurde schon schwindlig und gerade als ich in Ohnmacht zu fallen drohte, packten mich zwei Hände unter den Armen und zogen mich ins Trockene. Ich spuckte Wasser, schnappte nach Luft und versuchte mich aus irgendeinem Grund am Boden festzuhalten. Egal wo, irgendwo! Ich konnte mit verschwommenem Blick den Mann erkennen, der das Befehl ausgeteilt hatte und mir damit das Leben gerettet hatte. Er stand an der anderen Seite des Beckens und lächelte mich kühl aber mit einer Sicherheit an, die mir sagte, ich brauchte nun keine Angst mehr haben. Er hatte stoppelkurze, wasserstoffblonde Haare und eisblaue Augen. Sein Gesicht war lang und markant und er sah sehr wichtig aus. Trug einen beigen Smoking. Das alles erkannte ich im Bruchteil einer Sekunde, denn in der nächsten drehte ich den Kopf und sah über mich in das Gesicht einer bildschönen Frau, die mich aus dem Wasser gezogen hatte. Sie musste so um die Mitte / Ende 30 gewesen sein. Ihre Augen waren von einem freundlichen sommertags Himmelblau, ihre goldblonden Haare zu einem Zopf gebunden, aus dem sich einzelne Strähnen lösten und in ihr Gesicht fielen. Sie trug eine weiße Blus, die ihr locker über dem schlanken Körper hing und eine beige Hose. Sie nickte mir zu und half mir auf die Beine. Erst jetzt wurde mir klar, dass die ganze Kommune es auf mich abgesehen hatte. Sogar meine Familie war wie Fremde.
„Du musst hier weg“, sagte sie mit ihrer warmen, ruhigen Stimme und hielt mich an der Schulter.
„Und wo soll ich hin?“, fragte ich, und war den Tränen nahe.
„Hol deinen Koffer und komm zu meinem Auto.“ Sie deutete zwischen zwei Bäume, etwas abseits der Kommune. Ich nickte und sie drückte mir zuversichtlich die Schulter. Als ich den Steg zu meinem Zimmer hoch lief, sah mich meine Familie von der Bierbank aus grinsend an. Mit ihnen saßen noch andere Bekannte und Verwandte, die mich fremd anlächelten. In dem Moment brach es in mir aus. Ich blieb stehen und hielt mich am Geländer fest vor Wut, als ich zu ihnen herabschrie(sie waren nur ca. 2-3 Meter von mir entfertn): „Ihr seid Bestien! Warum lacht ihr über mich?“ Ich weinte vor Verzweiflung, sie grinsten weiterhin. Kalt und beherrscht. „Ich habe geblutet, als ich angekommen bin“, schrie ich und verschluckte mich an meinen eigenen Tränen, „ICH WURDE FAST VERGEWALTIGT!“ Das letzte Wort triefte nur von Hass und Ekel. Meine Oma kicherte spöttisch. Ich blitzte sie an wie ein Raubtier „DU bist eine Furie! Ein Mensch ohne Herz. DU warst NIE ein Teil unserer Familie.“ (ich liebe meine Oma eigentlich über alles!!!)
Ich brach mit jedem Wort welches ich schrie ein Stückchen mehr auseinander. Mit dem Weinen konnte ich schon gar nicht mehr aufhören.
„Ich könnte tot sein! Ich hasse euch! Ihr seid nicht meine Familie. Seht, was mir angetan wurde, schaut, was IHR mir angetan habt!“ Ich streckte ihnen meine durchlöcherten, wunden Handgelenke entgegen. Mein Onkel wollte gerade einen dummen Spruch erwidern, aber ich schnitt ihm das Wort ab „Wenn du jetzt auch nur ein Wort sagst…“
Ich wollte gerade weiterlaufen, als ich mir dachte, dass ich niemals heimlich mit dem Koffer an ihnen vorbei kam. Und wenn sie merkten, dass ich floh, würden sie keine Sekunde zögern um mich umzubringen. In dem Moment sah ich meinen Koffer bereits unten an der Hausecke stehen, wo meine Familie nicht hinsehen konnte. Ich stolperte schluchzend und weinend den Steg wieder nach unten, ignorierte meine grinsende Familie, griff nach meinem Koffer und lief, bis ich die Frau zwischen den Bäumen vor dem weißen Auto stehen sah. Ich blieb direkt vor ihr abrupt stehen und ließ den Koffer fallen. Mein Atem verfiel durch das Weinen und Laufen in hilfloses Keuchen. Sie lächelte mich an. Ich weinte, schluchzte und wimmerte immer noch, und fühlte mich auf einmal schrecklich einsam. Und als ich mich in ihre Arme warf und ich fühlte, wie sie mich auffing, ich fest in die Arme schloss und über den Kopf streichelte, als ich ihre Wärme spürte, die sich um mich legte, weinte ich noch viel mehr, weil ich so froh war, mich bei ihr geborgen und sicher zu fühlen. Ich wollte sie nie wieder loslassen, ich wollte nicht einmal aufwachen, als mir klar wurde, dass ich träumte… doch genau dann öffnete ich meine Augen und verlor die Frau und dieses warme Gefühl um mich herum…
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Hallo

Zum Beispiel mit der Fast-Vergewaltigung.
Als ich elf war, kurz nach oder vor dem Tod meiner geliebten Tante (ich erinnere mich nicht mehr genau), wurde ich von einem Nachbarsjungen im Keller mehr oder weniger missbraucht. Also… wir hatten Sex, obwohl ich es nicht wollte, aber ich hatte auch nicht Nein gesagt, genauso wenig, wie ich mich gewehrt hatte. Ich nehme an, das hat ne Verbindung mit der Szene im Werkraum, oder?
Ich war mit Anfang 14 (zwei Wochen vor den Pfingsferien, 2011) das erste Mal in Therapie, wo ich meine Missbrauch(s)-Geschichten mit meiner Therapeutin durchnahm. Ich war zwei Mal in Kliniken, einmal wegen Selbstmordversuch und das andere Mal wegen starken Zukunftsängsten. Seit Anfang April 2013 lebe ich in einer therapeutischen WG. Ich habe bis vor zwei Monaten immer schwören können, dass mich meine Missbrauchsgeschichte nie getroffen hat. Ich konnte immer offen und einfach darüber reden. War einfach nicht gefühlsverbunden, als wäre es nicht mir passiert, sondern als hätte ich es mal aus irgendeinem Buch gelesen, und würde eine Geschichte erzählen… (vielleicht deshalb die Szene, in der ich den Jungs im ersten Moment nur als „Ich“ zusah und erst handelte, als sie sie vergewaltigen wollten? Ich weiß es nicht…)
Gestern hatte ich noch einen Traum (bzgl. Dem Reh und der Fehlgeburt im heutigen Traum).
Ich war zu Hause und musste dringend aufs Klo, aber mein Papa ist immer so ein Egoist (auch in real). Er muss immer der Erste, der Beste sein. Also musste ich ihn vor mir aufs Klo lassen. Im selben Moment merkte ich, das sich es nicht mehr aushalte und flehte meine Mutter total gedemütigt an, ob ich ins Bad darf…
Ich lief rein und pinkelte, bis ich merkte, dass es Blut war. Wirklich richtig dunkelrotes Blut. Ich bekam auf einmal richtige Bauchkrämpfe, mir stiegen Tränen in die Augen und auf einmal kam ein totes Baby heraus. Es war noch sehr klein… sah noch aus wie ein Alien…
Wieso habe ich Träume von Todgeburten?
Ich habe am Freitag Antichrist von Lars von Trier angesehen und mich arg damit befasst. (Interpretationen usw.) Auch in dem Film verliert die Mutter im Prolog das 3-jährige Kind, weil es aus dem Fenster springt (bewusst!), während die Eltern Sex haben (und die Mutter sieht es, handelt aber nicht). Im Rest des Filmes passiert immer wieder sowas… unter anderem auch ein Reh im Wald, dem ein totes Rehkitz halb aus dem Leib hängt und ein Küken, welches aus dem Nest fällt und von der eigenen Mutter gefressen wird. Ist das vielleicht der Auslöser für meine Todgeburt-Träume?
Und den Rest… nun, seit ich aufgewacht bin, lässt mich dieses Gefühl des … naja, es ist nicht direkt Einsamkeit… Aber ich wünsche mir schon den ganzen Tag, bzw. lässt es mich nicht los, diese Frau… dass es sie wirklich gäbe.
Ich meine, ich bin nicht oft traurig. Absolut nicht. Ich bin eher Optimist, liebe die Natur und die Tiere und kann von jedem Tag etwas Positives abgewinnen. Ich vergesse nach 10 Minuten, worüber ich mich geärgert habe, und vor allem weiß ich, dass ich nicht alleine bin…
Und dennoch wünsche ich mir seitdem diese Frau in mein echtes Leben… warum?
Ich weiß nicht, ob das vielleicht eine Rolle spielt, für meinen Traum…
Nun… mehr fällt mir zurzeit nicht ein, über mich…
Ich hoffe, es hat sich jemand die Zeit nehmen können um das zu lesen, und falls ja, dann danke ich HERZLICH im Voraus (vor allem für Unterstützung bei der Deutung!)
Liebe Grüße,
Mogli