Vater, Mutter und die Folterkammer

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Moderator: Mirakulix

Vater, Mutter und die Folterkammer

Beitragvon Sed » 05.12.2014, 13:08

Guten Morgen,

heute Morgen bin ich aus dieser seltsamen Aneinanderreihung von "Träumchen" aufgewacht, die mich ganz schön aufgewühlt haben:

„B. (er war früher wie ein 2. Vater für mich) nahm mich in den Arm und drückte mich ganz fest. Ich merkte einen wahnsinnig heftigen Schmerz in der linken Brustkorbhälfte. Ich versteifte mich, rief, er solle mich loslassen und er verstand so quälend langsam und es tat so weh, dass ich immer heftiger schrie und mich komplett versteifte und die Schultern bis zum Anschlag hochzog. Verwirrt über meine Zurückweisung und aus Gründen, die er nicht verstand ließ er mich erschrocken los. Mein richtiger Papa stand schweigend daneben und ich war mir erst nicht sicher, ob er oder B. mich umarmt hatte. Als er losließ ebbte der Schmerz langsam ab.

Meine Mutter und ich waren in der Stadt und wollten uns Eis kaufen. Es waren noch einige Kinder dabei, aber eher schattenhaft. Ich entschied mich für ein Stieleis und wartete ab, was meine Mutter sich kaufen würde. Nach längerem Gucken kaufte sie keins, was mir ein schlechtes Gewissen machte und gleichzeitig bereute ich es, keins in der Waffel genommen zu haben, weil mir dies im Nachhinein die bessere Wahl schien.

Ich sah einen Mann im Dunkeln, der auf einem Seziertisch aufwachte, der blutverschmiert war und an ein Schlachthaus erinnerte. Plötzlich war ich der Mann und starrte an das Dach und wusste, dass hier schon etliche vor mir gefoltert waren und dass derjenige es bevorzugte, Schrauben und Nägel mit den Körpern seiner Opfer „nachzumalen“ und ich wusste, dass mich das Selbe erwartete und fügte mich meinem Schicksal willenlos.

Dann wachte ich auf.


Wie schon erwähnt, ist B. wie ein Vater für mich gewesen und mittlerweile ist mir bewusst geworden, dass ich sozusagen, 2x Vater und Mutter hatte (die Eltern meiner ehemals "besten" Freundin, durch die ich meine Gewalterfahrungen erlebte) und während ich das jetzt noch mal so schreibe, wird mir klar, warum ich mich oft so zerrissen fühle. Es ist als ob ich zwei Leben lebe und eine Seite immer unterdrücke und früher war ich oft in der Situation, dass ich zwischen den Fronten meiner beiden "Elternpaare" war. Meine Eltern waren oft eifersüchtig und beschuldigten mich, dass ich die Eltern lieber mögen würde als meine Leiblichen. Sie meinten oft zu mir, dass ich doch zu B. und M. ziehen sollte. Meine - ich nenn sie mal "Zweiteltern" - waren mit der Erziehung meiner Eltern überhaupt nicht einverstanden und wetterten ihrerseits gegen meine leiblichen Eltern... Mir wird gerade bewusst, unter welchem Druck ich damals stand!

Auf den Traum bezogen spürte ich auch eine Zerrissenheit: Einerseits liebe ich B. als "Vater" sehr und wollte ihn durch meine Zurückweisung nicht verletzen, andererseits war in diesem Traum der Schmerz so heftig, dass ich sofort losschrie, anstatt es auszuhalten, weil ich den Schmerz gefühlt keine Sekunde lang aushalten konnte! Als er mich losließ, war ich nicht sicher, welcher Vater mich da gedrückt hatte. hinzu kommt, dass B. meine Reaktion überhaupt nicht nachvollziehen konnte und im Nachhinein erinnert mich das an die Situation, mit der der endgültige Bruch zu meiner damaligen "besten Freundin" und die gleichzeitig die leibliche Tochter von B. ist. Damals wollte ich mit M., der besagten Freundin, sprechen und traf unglücklicher Weise auf sie und B. war ebenfalls da. Ich sagte M., wie ich mich die ganze Zeit gefühlt habe, wie ich die Dinge erlebt habe und sie meinte "Gut, dann kannst du das so ja auch Papa sagen, wenn du das so siehst". Wir gingen zu ihm und da sagte ich, was ich zu M. gesagt hatte und - ich denke aus Loyalität seiner leiblichen Tochter gegenüber - stellte er sich auf ihre Seite und zeigte überhaupt kein Verständnis für meine Schilderung und ich sah mich als total machtlos gegen diese Front und war gleichzeitig enttäuscht, dass B. meinen Schmerz nicht verstehen konnte und ihn sogar noch verharmloste...

Die beiden anderen Träume machen für mich keinen Sinn, erst Recht nicht in dem Zusammenhang... Doch hat mich da irgendetwas anscheinend sehr bewegt, denn seit heute Morgen habe ich heftige Schmerzen im linken Kiefer und merke das bei jedem Kauen... Und die letzten Tage hatte ich häufig Träume in der ich mich prostituierte und jetzt gerade fällt mir noch ein, dass ich auch von einer verhunzten Absteige geträumt habe, auf der ich ein paar schäbige Nutten nach dem Klo fragte und auf dem "widerlichsten Klo saß, dass ich je gesehen hatte" - das sagte ich dem hübschen Mädchen mit goldenen Locken und blauen Augen, die Unschuld pur...

Puh, das ist ganz schön viel geworden... Könnt ihr mir dazu was sagen? Gerade in Bezug auf die anderen Träume zum Ersten? Für diejenigen, die mich nicht kennen - ich bin weiblich, fast 24 Jahre alt und beende in den nächsten 1-2, vielleicht auch 3 Monaten meine Ausbildung!

Ich danke schon mal für jede Deutung!

Liebste Grüße, Sed
Es gibt Träume, die in Erfüllung gehen und solche, die man begraben muss, damit sie ewig leben...
Sed
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Re: Vater, Mutter und die Folterkammer

Beitragvon Crank » 05.12.2014, 20:44

Hallo Sed,

ohne Deine Erkläung hätte ich zum ersten Teil gesagt, dass Dich etwas nicht loslässt, die bedrückt und Schmerzen bereitet. Deine Erklärung der Zerissenheit zwischen den beiden "Vätern" halte ich für richtig und beide Seiten übten auf ihre Art Druck auf Dich aus - wie traumatisierend. Auch wenn sie oft nur das Beste woll(t)en, sind Kinder doch oft schon mit einem Paar Eltern hinreichend verunsegnet. Dann gleich zwei Paare - doppelte Packung. Und keine Möglichkeit mehr, sich an einem von beidem als Vorbild oder Antibild (ich mach alles anders) zu orientieren. Das ist der ausgeprochene Hintergrund Deines Gefühles der Zerissenheit.

Deine Mutter und das Eis - auch wieder Gespaltenheit. Ein schlechtes Gewissen gegenüber ihr? Naja, sie hatte wohl auch ihre Fehler, was aber nicht der Punkt sein soll. Vielmehr glaube ich auch hier die Zerissenheit zu erkennen. Gar kein Eis, Eis am Stiel oder Waffel? Frei übersetzt mit Einsamkeit, Freundschaft oder Liebe? Nach der doppelten Elternschaft und Zwangfreundschaft kannst Du Dich vermutlich schwer entscheiden, nur Einsamkeit tut Dir meist (nicht immer) nicht gut. Das Eis - gefrorene Gefühle?

(Eis am Stiel - die Filmreihe lassen wir mal besser weg, oder? :wink: )

Nun, damals als Du auf dem Seziertisch lagst, fühltest Du Dich so. Zerrissen, wehrlos. "Unglücklicherweise" schreibst Du auf B und M und beendetest mit einem Erfolgsstreich die Zwangsfreundschaft und die Okupanden Deiner Famile mit Eltern und Kinder. Zweiteltern haben da keinen Platz, müssen in einer folternden Operation entfernt werden. In dieser hohen Konzentration an Veränderung und Gewinn von klaren Verhältnissen war das doch ein Schlüsselereignis in Deinem Leben, einer der größten Erfolge der letzten Jahre. "Erklären Sie ihre Gefühle und beenden es!" mag mancher Therapeut über Monate oder Jahre vergeblich anregen. Du hast es einfach gemacht, einfach so. Der Vater gleich dazu - schicksalhafte Fügung, man nenne es Glück oder Hilfe von der höhreren Macht. Besser hättest Du das doch nicht erwischen und machn können.

Ein letzter Traum erklärt es Dir auch noch mal, die Jahre vor dem Show-Down hast Du Dich prostituiert, Dinge getan, die Du nicht wolltest. Als Gegenleistung für Zwangsfreundschaft und Scheinelternschaft und, naja Pfere und alles halt. Bei aller Mühe der Zweiteltern: Sie sind nicht Deine Eltern. Diese halten zu Dir, egal, was Du gemacht hast und welche Erfolge oder Mißerfolge Du hast. Das zeichnet Eltern aus. Sie lieben ihr Kind bedingungslos, wenn es nicht erhebliche Anstrengungen unternimmt, das abzustellen.

Das "hübsche Mädchen mit goldenen Locken und blauen Augen, die Unschuld pur..." - das bist Du doch im Prinzip. Einerseits. Du wurdest da reingezogen, hast Dich täuschen lassen, verführen lassen und zwingen. Andererseits hast Du Dich prostituiert. Es wäre ja nun alles anders gelaufen, wenn Du Dich frühzeitig gewehrt hättest. Keine Pferde, keine Kaninchen, keine zwingende Freundin mehr. Ein hoher Preis? Ja. Das Klo ist ein Reinigungsprozess. Schmutzig ist das. Begonnen hast Du das mit dem realen Show-Down. Ein klares "Ich bin nicht mehr Eure Nutte!", sondern "Ich bin das hübsche Mädchen mit goldenen Locken und blauen Augen, die Unschuld pur!". Ähja, bildhaft gesprochen. Und, Du bist erstens nicht unschuldig an allem und zweitens hast Du in dem Moment Dein Erwachsensein eingeläutet. Der Begriff der Nutte oder der Unschuld macht keinen Sinn mehr, Du bist oder wirst (wir alle werden unser Leben lang) jetzt erwachsen. Und hast für meine Begriffe den gordischen Knoten sehr präzise und meisterhaft gelöst. Nutze dies, gestalte Dein Leben durch Lernen, nicht durch ANgst und Verbitterung, das tust Du auch schon.

Nur, Rücksprung zu Teil 1 - manchmal holt es Dich ein, lässt Dich nicht los, schnürt Dir den Atem ab und tut weh. Es wird seltener werden. Vor allem hast Du recht zeitig angefangen, Dein Schicksal zu wenden, die Opferrolle zu beenden und die Vergangenheit zu verarbeiten. Ganz wird man diese Prägung nie los. Ein falsches Wort am Tag kann einen Alptraum auslösen. Immer wieder im Leben kann es einen packen. Das ist halt so.

LG,
Frank
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Re: Vater, Mutter und die Folterkammer

Beitragvon Sed » 09.12.2014, 10:12

Guten Morgen Crank,

vielen Dank für deine Deutung! Damit kann ich etwas anfangen und merke auch, wie sehr es schon in mir arbeitet und mich bewegt... Endlich kann ich darüber weinen und meine ganze alte Verzweiflung spüren, auch wenn ich das gefühlt "jetzt gar nicht gebrauchen kann"... Es tut gut und ich merke, dass sich da etwas in mit aufbäumt und protestiert und zur Zeit habe ich echt Schwierigkeiten gelassen dabei zu bleiben...

Deine Worte machen mir aber auch Mut, es tut gut, zu hören (lesen), dass ich auch gute und richtige Entscheidungen getroffen habe, jetzt gerade, da so meine Wunden so offen und brach daliegen...! Es wird wohl noch einiges an Geduld von mir abfordern, doch ich weiß ja, dass es sich lohnt...

Danke dir vielmals, das muss ich erst mal durchkauen und verdauen...

Liebste Grüße, Sed
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